Bad Oeynhausen/Bielefeld (epd). Die Staatsanwalt Bielefeld ermittelt gegen einen Mitarbeiter der Diakonischen Stiftung Wittekindshof wegen des Vorwurfs der Freiheitsberaubung. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass der Leiter des Geschäftsbereichs 4 in der "Heilpädagogischen Intensivbetreuung" Zwangsmaßnahmen angeordnet habe, ohne dass ein richterlicher Beschluss vorlag, heißt es in einer am 1. Oktober veröffentlichten gemeinsamen Erklärung von Staatsanwaltschaft und der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke. Dem 55-jährigen Mann wird demnach vorgeworfen, Bewohner über längere Zeit in ihrem eigenen Zimmer eingeschlossen sowie in einem Therapieraum - ein sogenannter Time-Out-Raum - fixiert zu haben.
Rund 70 Polizeibeamte durchsuchten am 1. Oktober über mehrere Stunden Wohnhäuser auf dem Gründungsgelände des Wittekindshofes im Bad Oeynhausener Stadtteil Volmerdingsen. Dabei stellten die Ermittler umfangreiches Beweismaterial sicher, darunter Aktenordner und andere Daten, wie es die Staatsanwaltschaft mitteilte. Diese würden nun ausgewertet. Die Behörde geht von einem längeren Verfahren mit Vernehmungen von Mitarbeitern, Bewohnern und deren Angehörigen aus.
Stiftungsleiter Starnitzke: Unterstützen Behörden in vollem Umfang
Der Vorstandssprecher des Wittekindshofes, Dierk Starnitzke, sicherte der Staatsanwaltschaft volle Unterstützung zu: "Wir sind an einer vorbehaltlosen Aufklärung im hohen Maße interessiert. Selbstverständlich kooperieren wir umfassend mit den ermittelnden Behörden." Er bedankte sich zudem bei den Polizisten für ihre besonnene Vorgehensweise bei den Durchsuchungen am 1. Oktober im Wittekindshof. Zu den Vorwürfen gegen den Mitarbeiter wolle er sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht äußern, erklärte Starnitzke.
Die 1887 gegründete Stiftung Wittekindshof mit Sitz in Bad Oeynhausen unterstützt nach eigenen Angaben jährlich rund 5.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsen mit Behinderung sowie seelischen und psychischen Erkrankungen in den Regionen Ostwestfalen, Münsterland und im Ruhrgebiet. In NRW unterhält die Stiftung aktuell über 100 Einrichtungen in 16 Städten. Auf dem dorfähnlichen Wittekindshof-Gelände in Volmerdingsen leben demnach noch etwa 650 Menschen. Bis 2023 werde angestrebt, die Zahl der stationären Plätze auf 500 zu reduzieren, hieß es.
Der Bereich "Heilpädagogische Intensivbetreuung" im Wittekindshof richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einer geistigen Behinderung und zusätzlichen schweren psychischen Störungen oder massiv herausforderndem Verhalten. Diese Menschen haben einen hohen Unterstützungsbedarf und sind auf eine individuell abgestimmte, interdisziplinäre psychologisch-heilpädagogischen Betreuung und Förderung angewiesen, wie der Wittekindshof auf seiner Interseite erklärt. In der "Heilpädagogischen Intensivbetreuung" solle ein Lebensumfeld gestaltet werden, das auf die speziellen Bedarfe sowie die individuellen Fähigkeiten und Einschränkungen abgestimmt ist. Zu den Zielen der Intensivbetreuung gehöre auch die Steigerung der Belastbarkeit und die Förderung vorhandener Fähigkeiten, hieß es. Die Angebote fänden in kleinen, hochspezialisierten Bereichen an verschiedenen Wittekindshofer Standorten statt.