Saarbrücken (epd). Im Internet wird nach Beobachtungen des saarländischen Verfassungsschutzes immer stärker rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet. "Propaganda, Hass und Fake-News in den sozialen Netzwerken werden von Rechtsextremisten gezielt genutzt, um Wahlen zu beeinflussen", warnte der Chef des saarländischen Verfassungsschutzes Helmut Albert, bei der Vorlage des "Lagebildes Verfassungsschutz 2018" am 11. September in Saarbrücken. Die Regulierung der Internetkonzerne sei für die Demokratie mindestens ebenso wichtig wie die Verfolgung von rechtsextremistischen Straftaten.
"Käseglocke" aus Fake-News und Hetze
Sogenannte "soziale Medien" bieten nach Beobachtungen des saarländischen Verfassungsschutzes Rechtsextremisten und anderen Unzufriedenen eine "Käseglocke" aus "Fake-News" und Hetze. Das belege der Versuch seines Dienstes, erklärte Albert. Nach dem Anlegen eines vorgeblich rechtsextremen Profils habe ein Verfassungsschutzmitarbeiter nur noch Freundschaftsanfragen von Rechtsextremisten sowie Links zu Hetzparolen und Fake-News bekommen.
Als sich der Verfassungsschützer als IS-Anhänger ausgegeben habe, habe er hingegen Freundschaftsanfragen und Informationen von Gegnern der Islamisten erhalten, erklärte Albert weiter. Das zeige, dass es für die Konzerne durchaus möglich sei, extremistische Inhalte auszufiltern, sagte der Verfassungsschutz-Chef.
Saar-Innenministern Klaus Bouillon (CDU) sah vor allem Bundesregierung und Europäische Union gefordert, bei ihren Verhandlungen mit den Internet-Konzernen darauf drängen, den Extremisten einen Riegel vorzuschieben. Die Situation im Saarland sei vergleichsweise ruhig.
Bouillon: Lage im Saarland vergleichsweise ruhig
Straftaten mit rechtsextremistischen Hintergrund sanken den Angaben zufolge im Saarland 2018 um rund fünf Prozent auf 215. Die rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten, fast ausschließlich Delikte der Körperverletzung, stiegen von 15 auf 18. Bis auf zwei seien die Täter dem Verfassungsschutz nicht bekannt gewesen. Albert wertete das als ein Indiz dafür, dass sich rechtsextremistisches Gedankengut nicht auf die vom Verfassungsschutz beobachtete Szene beschränkt, sondern sich weit in die Gesellschaft hinein erstreckt.
2018 registrierten die Behörden mit 29 antisemitische Straftaten mehr als doppelt so viele als im Jahr zuvor (2017: 13). Eine Ursache dafür könnte auch in der verstärkten öffentlichen Wahrnehmung und der medialen Berichterstattung liegen, hieß es. Dies führe zum einen zu mehr Nachahmungstaten, zum anderen würden Bürger mehr Straftaten anzeigen. Bis auf einen seinen alle Tatverdächtige deutsche Staatsbürger gewesen.
Die Zahl der Islamisten erhöhte sich den Angaben zufolge im Saarland von 300 auf 360. Dies sei vor allem dem Anstieg der Zahl von Salafisten (250 auf 325) geschuldet, die aber Gewalt ablehnten. Der Verfassungsschutz beobachte rund ein Dutzend Personen, die möglicherweise gewaltbereit seien. Die Gefahr eines islamistischen Anschlags in Deutschland ist nach Einschätzung des Verfassungsschutzes weiter "real", auch wenn es in diesem und im vergangenen Jahr keine solche Bluttat gegeben habe.
Im Bereich Linksextremismus gab Albers "Entwarnung". Bei der gewaltorientierten linksextremistischen Szene habe die Aufklärungsarbeit über "rechte Strukturen" im Vordergrund gestanden. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten hat sich demnach 2018 von 19 auf 8 mehr als halbiert. Erstmals seit Jahren gab es keine linksextremistisch motivierten Gewalttaten im Saarland.