Die Evangelische Kirche von Westfalen erinnert an das 70-jährige Bestehen der evangelischen Lagerkirche in Stukenbrock-Senne. Gemeinsam mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW und der Gedenkstätte Stalag 326 findet im Oktober ein Festprogramm statt, wie Landeskirche und Gedenkstätte am 10. September in Schloss Holte-Stukenbrock mitteilten. Die Kirche wurde am 9. Oktober 1949 durch den westfälischen Präses Ernst Wilm eingeweiht. Sie diente als Anlaufstelle für die Bewohner des damaligen "Sozialwerks Stukenbrock", das von 1949 bis 1970 auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers "Stammlager (Stalag) 326" bestand.

Vom Kriegsgefangenen- zum Durchgangslager für Flüchtlinge

Das vom Land Nordrhein-Westfalen zusammen mit mehreren Wohlfahrtsverbänden betriebene Sozialwerk Stukenbrock war zunächst ein Auffang- und Durchgangslager für Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Später habe das Gelände, auf dem heute eine Landespolizeischule untergebracht ist, auch zur Unterbringung von DDR-Flüchtlingen und deutschen Aussiedlern aus Russland gedient, erläuterte der Leiter des Landeskirchlichen Archivs Bielefeld, Wolfgang Günther. Zeitweise hätten dort bis zu 2.000 Menschen gleichzeitig gelebt, nach Schätzungen sollen insgesamt bis zu 150.000 Menschen dort vorübergehend gewohnt haben.

Das Stalag 326 war von 1941 bis 1945 das größte Lager für sowjetische Kriegsgefangene auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. In dieser Zeit wurden insgesamt 300.000 sowjetische Soldaten hier festgehalten. Nach Schätzungen starben rund 65.000 Gefangene, überwiegend an Hunger und Erschöpfung. Auf einem nahe gelegenen Ehrenfriedhof liegen 25.000 sowjetische Soldaten begraben. Bevor das Land NRW hier Flüchtlinge und Vertriebene unterbringen ließ, waren von 1946 und 1947 deutsche Kriegsgefangene und mutmaßliche Kriegsverbrecher in Stukenbrock interniert.

Festprogramm im Oktober

Im Mittelpunkt des Jubiläumsprogramms steht nach Angaben der Veranstalter am 9. Oktober ein Gottesdienst mit Polizeipfarrerin Winkler, bei dem auch Zeitzeugen des Sozialwerkes Stukenbrock zu Wort kommen sollen. Eine Fotoausstellung über die Lagerkirche wird dann bis zum 12. Oktober zu sehen sein. Am 10. und 12. Oktober wird das Theaterstück "Im Herzen ein Nest aus Stacheldraht" gezeigt.

Historiker erforschen derzeit die Geschichte des Sozialwerks Stukenbrock. Hintergrund der Forschungsarbeiten ist die vom NRW-Landtag beschlossene Weiterentwicklung der Gedenkstätte entsprechend "ihrer nationalen und internationalen Bedeutung". Seit 1997 erinnerte eine Dokumentationsstätte an das Stalag 326. Im Rahmen ihrer Neukonzeption als Gedenkstätte soll nun auch die Nachkriegsgeschichte des Geländes aufgearbeitet werden.