Afghanistan steht nach dem Scheitern eines Friedensabkommens zwischen den aufständischen Taliban und den USA vor einer ungewissen Zukunft. US-Präsident Donald Trump erklärte am 8. September per Twitter, er habe ein geplantes Geheimtreffen zwischen der Taliban-Führung, dem afghanischen Präsidenten und ihm im amerikanischen Camp David abgesagt. Dies sei die Reaktion auf einen Anschlag in Kabul, bei dem ein US-Soldat und weitere elf Menschen getötet worden seien. "Ich habe das Treffen sofort abgesagt und die Friedensgespräche aufgekündigt."

Die afghanische Regierung machte die Taliban für das Scheitern der Gespräche verantwortlich. Präsident Aschraf Ghani und weitere Regierungsvertreter waren getrennt von den Taliban in die USA eingeladen gewesen, hatten die Reise jedoch nicht angetreten. Die Taliban haben es stets abgelehnt, mit Regierungsvertretern zu verhandeln.

Unklarheit über Fortsetzung der Gespräche

Das Land wünsche sich einen "würdevollen Frieden", hieß es in einer Erklärung der Regierung laut dem TV-Sender Tolo News. Die Anschläge und Angriffe der Taliban seien das größte Hindernis bei den Friedensbemühungen. Echter Frieden sei nur möglich, wenn die Taliban aufhörten, Afghanen zu töten, einen Waffenstillstand akzeptierten und zu direkten Verhandlungen mit der afghanischen Regierung bereit seien. Den von Trump erwähnten Anschlag verübten die Islamisten am 5. September in der Nähe der US-Botschaft.

Vor knapp einer Woche hatte der US-Sonderbeauftragte Zalmay Khalilzad den Friedensplan zwischen den USA und den Taliban in Grundzügen präsentiert. Demnach sollten die USA in den kommenden fünf Monaten rund 5.000 amerikanische Soldaten aus Afghanistan abziehen. Im Gegenzug sollen die Taliban ihre Angriffe verringern und Terrororganisationen wie Al-Kaida keinen Schutz bieten. Nun ist unklar, ob die ohnehin schwierigen Gespräche nochmal aufgenommen werden können. Die Taliban haben für die Ende September anstehende Präsidentschaftswahl bereits mit Anschlägen auf Wahllokale und Wähler gedroht.

Camp David, das Feriendomizil amerikanischer Präsidenten unweit von Washington, war in der Vergangenheit Schauplatz wichtiger Friedensgespräche. Die Einladung der Talibanführung an den historisch bedeutsamen Ort, sorgte für Irritation. Verhandlungsführer Mulllah Baradar ist ein Gründungsmitglied der Taliban, die in Afghanistan zwischen 1996 und 2001 ein Schreckensregime führten und nach 2001 Tausende Menschen getötet haben. Das Treffen hätte kurz vor dem Jahrestag des Attentats auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 abgehalten worden. Der Anschlag, bei dem fast 3.000 Menschen ums Leben kamen, war der Auftakt für den Krieg gegen die Taliban in Afghanistan.

Neun Verhandlungsrunden

Die geplante Vereinbarung zwischen den USA und den Taliban hatte international, in Afghanistan und den USA für heftige Kritik gesorgt. Es herrschte die Sorge, dass die islamistischen Aufständischen auf diese Weise zurück an die Macht kommen würden. Da die Regierung in Kabul nicht in die Verhandlungen einbezogen war, enthielt die Vereinbarung keinerlei Regelungen über einen Waffenstillstand zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen.

Die USA und die Taliban haben insgesamt neun Verhandlungsrunden im Wüstenemirat Katar abgehalten, um den 18-jährigen Konflikt am Hindukusch beizulegen. Obwohl die offizielle Nato-Kampfmission schon im Dezember 2014 endete, sind immer noch mehr als 20.000 US-und Nato-Truppen in Afghanistan stationiert. Im Vorjahr starben 3.812 Zivilisten an den Folgen von Kampfhandlungen - mehr als ein Drittel der Opfer waren Kinder.