Das von der Beklagten angeführte angebliche "Fehlverhalten" Binders reiche nicht für eine außerordentlich Kündigung aus, entschied das Landesarbeitsgericht am 20. August. (AZ: 8 Sa 99/19) Mit der Entscheidung bestätigte das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal.

Zugleich wies das Gericht darauf hin, dass über die Rechtmäßigkeit der Abmahnungen gegen Binder durch das Tanztheater Pina Bausch sowie über eine mögliche Weiterbeschäftigung als Intendantin in einem weiteren Teilurteil vermutlich Anfang 2020 entschieden werde. Dann werde auch die Frage des nachzuzahlenden Einkommens geregelt werden.

Der Vorsitzende Richter Alexander Schneider appellierte an die Parteien, miteinander zu sprechen, "um die missliche Lage mit gutem Willen zu bearbeiten." In einem Schlusswort sagte Binder, sie sei es "dem Erbe von Pina Bausch und der Kunst selber schuldig, meine Arbeit am Tanztheater Wuppertal fortzusetzen." Der Vorsitzende Richter riet Binder, darüber nachzudenken, ob eine Rückkehr in ihrem Interesse wäre. Recht zu erhalten und ein gutes Arbeitsverhältnis zu haben, seien zwei Paar Schuhe.

Keine Fehler im Spielplan

Der Arbeitsvertrag galt ab dem 1. Mai 2017 und war auf fünf Jahre befristet. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung war darin nicht vorgesehen. Im Juli 2018 kündigte das Tanztheater Binder nach monatelangen Streitigkeiten fristlos. Neben der Kritik an ihrem Spielplan begründete die Einrichtung die Kündigung nach Gerichtsangaben unter anderem damit, dass die Intendantin bei ihrer Einstellung nicht über Streitigkeiten mit ihrem vorherigen Arbeitgeber informiert habe.

Binder wies alle Vorwürfe zurück und bekam im Dezember 2018 vom Arbeitsgericht Wuppertal recht (AZ: 5 Ca 1714/18). Die Richter konnten keine Fehler und Ungenauigkeit im Spielplan erkennen und verwiesen darauf, dass Binder als künstlerische Leiterin selbst darüber entscheide, welche Stücke gespielt würden. Zudem habe sie einen Großteil des Spielplans tatsächlich umgesetzt, erklärte das Gericht. Selbst wenn einige Mitarbeiter Binders Kündigung verlangt hätten, hätte sich das Tanztheater zunächst vermittelnd und schützend vor die Klägerin stellen müssen, urteilten die Richter.

Das Tanztheater wurde von der berühmten Choreografin Pina Bausch (1940-2006) gegründet. Seit knapp einem Jahr hat die Kompagnie mit der Kulturmanagerin Bettina Wagner-Bergelt eine neue künstlerische Leiterin. Im ehemaligen Schauspielhaus Wuppertal soll bis zum Jahr 2026 ein Pina-Bausch-Zentrum entstehen, das das Tanztheater und die Pina Bausch Foundation beherbergen und internationalen Produktionen Raum für Proben und Aufführungen bieten soll.