Rund 2,93 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen sind einer Statistik zufolge armutsgefährdet. Im Jahr 2018 sind nach einem Vergleich mit dem landesweit mittleren Einkommen 16,6 Prozent der Menschen des Bundeslandes von Armut bedroht, wie das Landesamt für Statistik am 25. Juli in Düsseldorf mitteilte. Im bundesweiten Vergleich des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden liegt Nordrhein-Westfalen bei der Armutsgefährdungsquote an fünfter Stelle hinter Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Berlin.

Die Armutsgefährdungsschwelle errechnen die Statistiker anhand des mittleren Einkommens (Medianeinkommens) eines Bundeslandes oder des Bundesgebietes. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens der Bevölkerung hat.

Nach der Statistik des Landesamtes lag die Armutsgefährdungsquote für 2018 mit 16,6 Prozent unter dem Höchststand des Vorjahres (17,2 Prozent). 2008 war sie mit 14,6 Prozent noch um zwei Prozentpunkte niedriger ausgefallen. Laut Landesamt waren im Jahr 2018 6,6 Prozent der einkommensarmen Bevölkerung arbeitslos. Inzwischen gelten auch immer mehr Erwerbstätige, Rentner, Pensionäre und weitere Menschen ohne Erwerb als armutsgefährdet, etwa Studierende oder Auszubildende. Die Statistiker des Landesamtes errechneten die Armutsgefährdungsschwelle anhand des mittleren Einkommens Nordrhein-Westfalens.

Über dem Durschnitt

Verglichen mit den mittleren Einkommen bundesweit fällt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Armutsquote für Nordrhein-Westfalen mit 18,1 etwas höher aus. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 15,5 Prozent. Auch nach bundesweiter Statistik ging in NRW im Vergleich zum Jahr 2017 die Armutsquote (18,7 Prozent) zwar leicht zurück. Im Jahr 2005 lag die Quote für Nordrhein-Westfalen jedoch noch bei 14,4 Prozent.

Bundesweit waren in Bayern und Baden-Württemberg im vergangenen Jahr mit weniger als zwölf Prozent die wenigsten Menschen von Armut bedroht. In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern mit mehr als 20 Prozent die meisten Menschen. Die Quoten in Ost und West näherten sich jedoch demnach an. In den neuen Ländern, einschließlich Berlin, seien sie 2018 mit durchschnittlich 17,5 Prozent etwas höher als im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 15 Prozent gewesen. Noch 2005 seien für die neuen Länder mit Berlin 20,4 Prozent verzeichnet worden, für den Westen 13,2 Prozent.

Alleinerziehende führen weiter Liste an

Von allen Haushaltstypen weisen Alleinerziehende und ihre Kinder das höchste Armutsrisiko auf. 2018 seien 40,4 Prozent der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten im früheren Bundesgebiet und 44,5 Prozent in den neuen Ländern armutsgefährdet gewesen, heißt es in der Mitteilung.

Der Sozialverband VdK für NRW forderte mit Blick auf die Daten die Aufwertung von geringen Bezügen und die Stabilisierung der Rente insgesamt bei 50 Prozent. Allein die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter sei in den letzten sechs Jahren um knapp 14 Prozent gestiegen, auf zuletzt rund 155.000, mahnt der Vorsitzende Horst Vöge. Der Mindestlohn müsse auf 12,80 Euro angehoben und prekäre Beschäftigungsverhältnisse eingedämmt werden, forderte er.

Saarland belegt Mitte bei Armutsgefährdungsquote

Im bundesweiten Vergleich liegt das Saarland laut Statistischem Bundesamt bei der Armutsgefährdungsquote in der Mitte. Gemessen an der Armutsgefährdungsschwelle des Bundes hatte das Saarland 2018 eine Quote von 16 Prozent, wie es am 25. Juli hieß.

Den Zahlen zufolge sind Saarländerinnen (17,2 Prozent) eher armutsgefährdet als Saarländer (14,8 Prozent). Die höchste Armutsquote wiesen wiederum Alleinerziehende (42,2 Prozent) auf, gefolgt von Familien mit mindestens drei Kindern (34 Prozent) und Alleinlebenden (28 Prozent).

Erst am 24. Juli hatte die saarländische Sozialministerin Monika Bachmann (CDU) für September den saarländischen Aktionsplan gegen Armut angekündigt. Thematisch gehe es unter anderem um bezahlbaren Wohnraum, Stromsperren, Kinderarmut, Bildung, Mobilität, Infrastruktur und Langzeitarbeitslosigkeit.

Anfang 2017 war der erste saarländische Familienreport erschienen, der unter anderem auf die schwierige Situation von Alleinerziehenden und Familien mit vielen Kindern hinwies. Bereits im Jahr 2015 wurde der saarländische Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht, der neben den Alleinerziehenden vor allem die Armut im Alter als wichtiges Thema hervorhob. Im Sommer 2017 hatte die Ministerin ursprünglich angekündigt, bis Ende 2017 Maßnahmen zum Kampf gegen Armut erarbeiten zu lassen. Im vergangenen Jahr kündigte sie diese für den Sommer 2019 an.