Im vergangenen Jahr sind nach Angaben des staatlichen Robert Koch-Instituts in Deutschland Tausende Menschen aufgrund der hohen Temperaturen gestorben. Die Zahl der Todesopfer ist laut Instituts-Forscher Matthias an der Heiden mit dem Negativ-Rekord des sogenannten Jahrhundertsommers 2003 vergleichbar. Damals starben aufgrund des Wetters bundesweit etwa 7.600 Menschen, in Europa zwischen 50.000 und 70.000 Menschen. Dieses Ausmaß komme dem einer Grippewelle nahe, erklärt an der Heiden.

Die hohen Temperaturen können einen Herzinfarkt, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Nieren, der Atemwege und Stoffwechselstörungen verursachen. Bei Senioren kommt das oftmals abnehmende Durstgefühl hinzu, so dass sie zu wenig trinken.

Kalte Suppen

In Pflegeheimen wie dem Diakonie-Haus "Johann Hinrich Wichern" in Leipzig erinnern Mitarbeiter die Bewohner deshalb regelmäßig daran, einen Schluck Wasser oder Saft zu nehmen. Sie reichen kalte Suppen und eisgekühltes Wasser. Die Zimmer werden mit heruntergelassenen Außenrollos vor der Sonne geschützt. "Auf den Gängen stehen Ventilatoren und im Garten haben wir ein Badebassin zum Kühlen der Füße", sagt Heimleiterin Katharina Sachse.

Weitere Möglichkeiten, um sich vor Hitze zu schützen, sind: Feuchte Tücher auf den Körper legen, die Wohnräume nachts lüften, leichte Kleidung wählen.

Personal fehlt

Für Heime gibt es keine einheitlichen Verhaltenspläne, was an heißen Tagen zu tun ist. Es ist die Aufgabe jeder einzelnen Einrichtung, Geeignetes gegen die Hitze zu unternehmen. "Man kann das nicht standardisieren, weil es hier um Individuen geht", sagt Johanna Knüppel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe. Auf einen Nierenkranken müsse man anders eingehen als auf einen Herzkranken. Klar sei, dass die Hitze mit Mehraufwand für die Mitarbeiter von Heimen verbunden sei. "Heiße Tage in der Haupturlaubszeit in einer Branche mit Fachkräftemangel: Es ist eine einfache Rechenaufgabe, dass Personal besonders im Sommer fehlt."

Die Betreuung in Pflegeheimen an Hitzetagen habe sich im Vergleich zu den Vorjahren verbessert, erläutert Chefarzt Clemens Becker von der Klinik für Geriatrische Rehabilitation des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart. Allerdings habe er bei seinen Forschungen festgestellt, dass die Sterblichkeit von Senioren, die durch ambulante Pflegedienste in den eigenen vier Wänden betreut werden, an heißen Tagen sehr hoch sei.

"Vermeidbare Todesfälle"

"Das Thema muss politisch ernster genommen werden. Wir reden von vermeidbaren Todesfällen. Dafür gibt es meiner Meinung nach keine Entschuldigung", sagt Becker. Hitzewellen müssten als Katastrophenszenario anerkannt werden. Dann könne auch der ehrenamtliche Katastrophenschutz zum Einsatz kommen, um bei der Versorgung Älterer zu helfen. Außerdem sollte jeder Hausarzt während einer Hitzewelle auf Patienten der Pflegegruppen 3, 4 und 5 besonders achten. Dafür müsse es allerdings einen Datenabgleich zwischen Hausärzten und Pflegekassen geben.

Mit gezielter Vorbeugung könnte die Zahl hitzebedingter Sterbefälle laut Robert-Koch-Institut vermutlich abgeschwächt werden. Ansonsten werde die Zahl hitzebedingter Todesopfer auch in Zukunft hoch sein oder sogar steigen. Denn aufgrund der Klimakrise müsse in Deutschland mit häufigeren und längeren Hitzewellen gerechnet werden, wie Mai und Juni 2019 bereits erahnen lassen.