Dem Umgang des Menschen mit Tieren widmet sich die neue Sonderausstellung des Ruhr Museums in Essen. Es geht um die grundsätzliche Frage des kulturellen Verhaltens gegenüber dem Mitgeschöpf Tier am Beispiel der Region Ruhrgebiet. Dabei wirft die Schau in der Galerie auf der 21-Meter-Ebene der ehemaligen Kohlenwäsche bis zum 25. Februar einen facettenreichen Blick auf das Beziehungsgefüge von "Mensch und Tier im Revier".

"Bei der Kombination von Mensch und Tier im Revier stellen sich im Ruhrgebiet reflexhaft die typischen Bilder vom Grubenpferd, den Taubenvätern und der Bergmannskuh ein", erklärt Museumsleiter Heinrich Theodor Grütter. Das Museum habe sich bei der Themengestaltung aber nicht auf diesen mittlerweile historisch gewordenen Aspekt beschränkt. "Das Thema 'Mensch und Tier' berührt jede geschichtliche Epoche und nahezu alle unsere Lebensbereiche."

Aktuelle Debatte

Mit der Frage nach dem Umgang mit Tieren greift das Ruhr Museum eine aktuelle Auseinandersetzung auf, die Tiere nicht mehr als Objekte des menschlichen Handelns sieht. Gleichzeitig ist mit dem Auslaufen der Schwerindustrieepoche des Ruhrgebiets ein Abschnitt erreicht, in dem ein Rückblick auf diesen die Region ungemein prägenden Zeitabschnitt angebracht ist.

Tiere spielten während dieser Zeit im Ruhrgebiet eine wichtige Rolle: Als Grubenpferde untertage in den Zechen, die "Bergmannskuh" genannte Ziege als Milchlieferant, Brieftauben als Freizeitbeschäftigung der Bergleute. Eine Antwort auf die Menschenmassen im Ballungsraum, die versorgt werden mussten, waren die Schlachthöfe. "Vieles hat eben zwei Seiten", sagt Ulrike Stottrop, Leiterin der Naturkunde des Ruhr Museums.

Aussagekräftige Einzelobjekte markieren jeweils eine der fünf Ausstellungsabteilungen und geben eine Einleitung. Der Wildschweinkopf steht für das Kapitel "Tiere töten". Pfeilspitzen verweisen auf die Ernährungsgrundlage steinzeitlicher Menschen, als das Verhältnis von Jäger und Gejagtem umgekehrt wurde. In den Vitrinen sind Werkzeuge zu sehen, die für die Schlachtung von Tieren und die Bekämpfung von Ungeziefer verwendet werden.

Mit dem Kummet, einem Kuhjoch, wird die Nutzbarmachung von Tieren unter dem Joch des Menschen verdeutlicht, der es als Arbeitstier einsetzte, seinen Körper und Erzeugnisse brauchte oder verbrauchte. Hufeisen, Schweinehaarpinsel und elfenbeinerne Besteckgriffe sind Beispiele dafür im Kapitel "Tiere nutzen".

Der Ausstellungsbereich "Tierliebe" - eröffnet durch ein Schaukelpferd - wandelt zwischen Spielzeug, Vermenschlichung und Schutzbemühungen. Fotos von Tieren als Haushaltsmitgliedern oder vermeidbaren Quälereien sprechen für sich.

Eine Dermoplastik des Braunbären Max, der fast vierzig Jahre Liebling im Tierpark Bochum gewesen war, führt in den Bereich "Tiere ordnen" ein. Hier stehen Tierfiguren für das Sammeln, Fossilien und Methoden der Tiersektion für das Erforschen und ausgestopfte Tiere und Wandtafeln für das Ausstellen. Ein Hinweis auf den Elefanten Abulabaz Karls des Großen nennt einen frühen Beleg für das Vergeben von Namen an Tiere.

Sternbilder und "Manta-Fuchsschwanz"

Bei "Tiere deuten" ist das zentrale Objekt der "Himmelsglobus" von Gerhard Mercator in einem Nachbau des Originals von 1551, der Sternbilder in Formen von Menschen und Tieren zeigt. Aus dem Alltag zeigte die Ausstellung Wohnzimmergemälde, Tierteile wie den "Manta-Fuchsschwanz" oder Gegenstände mit Namensübertragungen aus dem Tierreich. Zu Symbolen wurden Tiere in Glauben und Aberglauben. Als Herrschaftszeichen waren Pferde beliebt, Adler wegen ihrer Übersichtsperspektive geschätzt. Eine Abwehrfunktion wurde dem kräftigen Löwen zugemessen.

Eingerahmt wird die hundert Objekte umfassende Ausstellung von zwei Fotogalerien. Im Eingangsbereich zeigen 45 Schwarz-Weiß-Aufnahmen das historische Miteinander von Mensch und Tier im Revier. Eine Fotowand im hinteren Teil der Ausstellung präsentiert den Besuchern auf Augenhöhe großformatige Porträtaufnahmen von wild lebenden Tieren im heutigen Ruhrgebiet. Sie zeigen Tiere, die auf den alten Industriebrachen heimisch geworden sind, wie Kreuzkröten im ehemaligen Hüttenwerk in Duisburg-Meiderich oder Uhus auf Zeche Ewald in Herten.

Die Sonderausstellung "Mensch und Tier im Revier" des Ruhr Museums ist hervorgegangen aus einer Zusammenarbeit mit dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen, der Historischen Fakultät Köln, den LVR- und LWL-Industriemuseen und weiteren namhaften Museen des Ruhrgebiets. Weitere Ausstellungen zum Mensch-Tier-Verhältnis sind geplant.