Frankfurt a.M. (epd). Journalistenkollegen haben den verstorbenen Publizisten Michael Jürgs gewürdigt. "Seine kluge, funkelnde Streitlust wird gerade in diesen Zeiten schmerzlich fehlen", erklärte Nikolaus Blome, Politikchef der "Bild"-Zeitung, in einem vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) auf Twitter verbreiteten Statement. Der Investigativjournalist Hans Leyendecker erklärte in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Online), Jürgs habe den "schärfsten Blick für alles Verlogene, Lächerliche" gehabt. Jürgs war in der Nacht zum 5. Juli im Alter von 74 Jahren in Hamburg gestorben.
Der hamburgische Kultur- und Mediensenator Carsten Brosda (SPD) würdigte den früheren Chefredakteur von "Stern" und "Tempo" als "Monolithen des klassischen Journalismus". "Wir bräuchten gerade jetzt mehr mutige Freigeister wie ihn", schrieb Brosda auf Twitter. Julia Jäkel, Vorstandschefin des Verlags Gruner + Jahr, in dem der "Stern" erscheint, nannte Jürgs "einen der großen, aufrechten Journalisten."
Theodor-Wolff-Preis für Lebenswerk
Noch in der vergangenen Woche hatte der Publizist den Theodor-Wolff-Preis der deutschen Zeitungen für sein Lebenswerk erhalten, den er wegen seiner schweren Krebserkrankung jedoch nicht mehr persönlich entgegennehmen konnte. Ausgezeichnet hatte Jürgs eine Jury unter Vorsitz von Blome.
Jürgs machte sich nicht nur als aktuell arbeitender Journalist, sondern auch als Biograf einen Namen, etwa mit Büchern über die Schauspiel-Ikone Romy Schneider, den Schriftsteller und Künstler Günter Grass und den Verleger Axel Springer. 2018 machte Jürgs seine Krebserkrankung publik.
Er wurde am 4. Mai 1945 im schwäbischen Ellwangen geboren. Jürgs studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik, beendete das Studium aber vorzeitig für ein Volontariat bei der Münchner "Abendzeitung", wo er später zum Feuilletonchef aufstieg. 1976 wechselte er zum "Stern", wo er das Unterhaltungsressort leitete und von 1986 bis 1990 Chefredakteur war. Nach einem Streit über einen skeptischen Leitartikel zur deutschen Wiedervereinigung wurde Jürgs 1990 beim "Stern" abgelöst. Mit der Titel-Schlagzeile "Sollen die Zonis bleiben, wo sie sind?" hatte er für Empörung gesorgt, auch beim damaligen Gruner + Jahr-Chef Gerd Schulte-Hillen.
1992 ging Jürgs als Chefredakteur zur mittlerweile eingestellten Lifestyle-Zeitschrift "Tempo", die er zwei Jahre später wieder verließ. Von 1992 bis 1994 moderierte er zudem die "NDR-Talkshow".