Ban Ki Moon zeigte viel Gefühl. Der sonst so spröde Generalsekretär der Vereinten Nationen erzählte 2016 in der UN-Vollversammlung von seiner Kindheit. Diese Kindheit wurde vom Koreakrieg (1950-1953) erschüttert. Das Dorf der Familie wurde angegriffen, die Häuser gingen in Flammen auf. Ban und seine Angehörigen mussten fliehen. Sie versteckten sich in der Wildnis. Nachdem der grausame Konflikt endlich beendet war, halfen die Vereinten Nationen den notleidenden Menschen: Die Weltorganisation brachte Essen, Schulbücher, Hoffnung. "Ich bin ein Kind der Vereinten Nationen", sagte der Südkoreaner Ban mit zerbrechlich wirkender Stimme.

Viele Emissäre der 193 Mitgliedsländer waren bewegt. Kurz nachdem Ban in der Vollversammlung von diesen prägenden Erlebnissen berichtet hatte, trat er am 31. Dezember 2016 als Generalsekretär ab. Am 13. Juni 2019 wird er nun 75 Jahre alt, er kam 1944 in Haengchi als ältestes von sechs Kindern eines Bauern zur Welt.

"Wenig Profil"

Vor allem seine Zeit bei der Weltorganisation machte Ban bekannt, zuvor war er Außen- und Handelsminister seines Landes. Diplomaten und Experten stellen ihm für die zehn Jahre als Chef des UN-Sekretariats aber nur ein mittelmäßiges Zeugnis aus. Ban habe es "nie geschafft, sein abgehobenes Image loszuwerden", urteilt die US-amerikanische Publizistin Barbara Crossette. Er habe zu viel im Verborgenen gewirkt, sei wenig kommunikativ gewesen. Und der deutsche UN-Fachmann Helmut Volger urteilt: "Er war ein Generalsekretär mit wenig Profil, der es nicht wagte, den Großmächten wie den USA zu widersprechen."

Als Ban 2006 zum Generalsekretär bestimmt wurde, repräsentierte noch Kofi Annan die UN. Der geschmeidige, rhetorisch bestechende Generalsekretär aus Ghana galt vielen als "Rockstar" der internationalen Politik, sogar als der "weltliche Papst". Gegenüber Annan wirkte Ban noch ein bisschen biederer als er ohnehin schon war. Schon vor seinem Amtsantritt im Januar 2007 leistete sich Ban einen bösen Schnitzer: Freimütig räumte er ein, dass er in seiner Heimat als "schlüpfriger Aal" bekannt sei. Der Hinweis förderte nicht eben seine Autorität. Später sagte er: "Ich weiß, dass ich nicht die perfekte Person bin."

Blockade im Sicherheitsrat

Dies traf besonders für die diplomatische Lösung bewaffneter Konflikte zu: Ban Ki Moon konnte sich nie als oberster Vermittler der Staatengemeinschaft in Szene setzen. Besonders das Scheitern der UN bei der Lösung des 2011 begonnenen Bürgerkriegs in Syrien ist mit seinem Namen verbunden. Ban zog sich schon früh aus dem diplomatischen Ringen für eine Befriedung zurück. Seit 2012 ernannte er drei Syrien-Sondergesandte hintereinander. Keiner von ihnen brachte den ersehnten Erfolg.

Für Bans Entlastung in der Syrien-Krise spricht allerdings, dass er als Generalsekretär über keine eigentliche Macht gegenüber den Staaten verfügt. Die Blockade im UN-Sicherheitsrat konnte Ban nicht überwinden. In dem Gremium hielt die Vetomacht Russland ihre schützende Hand über Syriens Gewaltherrscher Baschar al-Assad. Auch auf anderen Politikfeldern war Ban nicht derjenige, der mutig voranging.

Zwar versuchte er frühzeitig, den Klimaschutz zu seinem Thema zu machen. Zum Zustandekommen des Pariser Klima-Abkommens 2015 trug er jedoch kaum etwas bei. Bei der Formulierung der neuen UN-Agenda für den Kampf gegen Hunger und Armut wirkte er mit, er war aber nicht treibende Kraft. Von der überfälligen Reform des UN-Sicherheitsrates wollte Ban nichts wissen.

Ausrutscher

In seiner Amtszeit häuften sich Ausrutscher auf internationalem Parkett. So lud Ban 2014 den Iran zu einer Syrien-Konferenz der UN ein, kurz darauf lud er die Vertreter Teherans auf Druck der USA wieder aus. Auch gegenüber Saudi-Arabien knickte er ein. Der Generalsekretär strich das Land von der Schwarzen Liste der Verletzer von Kinderrechten, damit sicherte er weitere Zahlungen aus dem Ölstaat an die UN. Die Israel-freundliche Lobby-Organisation UN-Watch sprach vom "schlimmsten Moment" der UN im Jahr 2016.

Welche Errungenschaften kann Ban sich gutschreiben? Es ist bezeichnend, dass der frühere Direktor bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung, Khalil Hamdani, als Bans wichtigsten Erfolg die Renovierung des New Yorker Hauptquartiers anführt. Es ist keine politische Leistung.

Samantha Power, frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, strich Bans Kampf für Homosexuelle heraus. Nach anfänglichem Zögern habe sich Ban zu einem Verfechter ihrer Rechte gemausert. Andere Diplomaten schreiben Ban sein Engagement für Frauen gut.

Der Vater von drei Kindern, der seine Ehefrau schon als Jugendlicher kennenlernte, formte sich nach dem Abschied aus New York eine Art Mini-UN: Das Ban Ki-moon Centre for Global Citizens. Die Institution in Wien, der Ban und der frühere Präsident Österreichs, Heinz Fischer, vorstehen, verfolgt dieselben Ziele wie die UN: Förderung des Friedens, Achtung der Menschenrechte und Kampf gegen Armut.