Eine Woche vor der Europawahl sind in ganz Deutschland am 19. Mai Zehntausende Menschen gegen Rechtspopulismus und für ein soziales Europa auf die Straße gegangen. Aufgerufen hatte das Bündnis "Ein Europa für alle - Deine Stimme gegen Nationalismus". Auf Plakaten und Transparenten verliehen die Demonstranten ihren Forderungen Nachdruck, bei der Europawahl das Feld nicht den Populisten und Rechtextremisten zu überlassen. Die größte Kundgebung fand den Angaben zufolge in Köln mit 45.000 Teilnehmern statt. Bundesweit waren laut Veranstaltern über 150.000 Menschen auf der Straße.

Das europaweite Bündnis hatte zu rund 50 Veranstaltungen in 13 Ländern der EU aufgerufen, darunter Polen, Bulgarien, Schweden, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Spanien. In Deutschland gab es Demonstrationen neben Köln in Berlin, Hamburg, Leipzig, Frankfurt, Stuttgart und München. Der Protest wurde unterstützt von zahlreichen Organisationen, darunter den Gewerkschaften, dem Paritätischen Gesamtverband, Attac, den NaturFreunden Deutschlands, Pro Asyl und kirchlichen Hilfswerken.

Bischof warnt vor Populisten

In Köln zählten die Veranstalter rund 45.000 Teilnehmer, die Polizei sprach von bis zu 30.000. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) appellierte, sich an der EU-Wahl zu beteiligen. An einem Bühnenprogramm beteiligten sich Kölner Bands wie die Höhner, Brings und BAP mit Sänger Wolfgang Niedecken.

In Berlin gingen bei strahlendem Sonnenschein mehrere Tausend Menschen gegen Rechtspopulismus und für ein soziales Europa auf die Straße. Laut Veranstalterangaben zogen rund 20.000 Menschen vom Alexanderplatz zur Siegessäule am Großen Stern, die Polizei zählte etwa die Hälfte, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte.

Auf der Abschlusskundgebung vor der Siegessäule warnte der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge vor einem Erstarken der Populisten im neuen Europaparlament. Dagegen müssten die Bürger ein Zeichen setzen und wählen gehen. Europa sei nicht perfekt, es gebe viel zu ändern. Dies müsse aber weiter im Geist der Partnerschaft, der Völkerverständigung und der Versöhnung erfolgen. Populisten spielten dagegen "mit dem Feuer völkischer Ideologien und nationalem Egoismus", um das Friedensprojekt Europa von innen heraus zu schwächen, so Dröge.

Wahlaufruf

Auch Christoph Bautz von Campact rief dazu auf, zur Wahl zu gehen. Zugleich forderte er vom neuen Parlament in Straßburg ein sozialeres Europa mit europäischem Mindestlohn und Grundeinkommen. Zudem müsse der Kampf gegen die Klimakrise auf EU-Ebene angegangen und die EU-Landwirtschaftspolitik endlich ökologisch ausgerichtet werden. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, betonte, am Beispiel der Flüchtlingspolitik zeige sich, wie zivilisatorische Standards in der EU eingerissen würden.

Bei der Großdemonstration in München kamen nach Veranstalterangaben am frühen Nachmittag etwa 20.000 Demonstrierende zusammen. Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern, forderte gute Arbeitsbedingungen statt eines Dumping-Wettbewerbs in ganz Europa. Auf dem Münchner Odeonsplatz rief Jena nach Angaben des Gewerkschaftsbundes dazu auf, die Europäische Union als "Vorbild für eine faire Globalisierung" aufzustellen.

In Hamburg folgten mehrere Tausend Menschen dem Aufruf des Bündnisses. Nach Angaben der Polizei hatten sich rund 12.000 Menschen am Mittag auf dem Rathausmarkt versammelt, um durch die Innenstadt zu ziehen. Auch in anderen deutschen Städten fanden Demonstrationen gegen einen Rechtsruck im Europaparlament statt. In Leipzig versammelten sich laut Veranstalter rund 10.000 Menschen, in Stuttgart kamen auf dem Arnulf-Klett-Platz 12.000 Menschen zusammen.