In Südafrika kann die Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) trotz deutlicher Verluste weiterregieren. 57,5 Prozent der Wähler stimmten laut dem am 11. Mai veröffentlichten Endergebnis bei der Parlamentswahl am 8. Mai für den ANC, das waren knapp fünf Prozentpunkte weniger als 2014. Zum ersten Mal seit dem Ende der Apartheid bekam die einstige Befreiungsbewegung damit weniger als 60 Prozent der Stimmen. Die größte Oppositionspartei, die Demokratische Allianz (DA), verlor ebenfalls etwas an Zustimmung und errang 20,8 Prozent.

Damit gilt als sicher, dass der amtierende Präsident, ANC-Chef Cyril Ramaphosa, vom Parlament wiedergewählt wird. Ramaphosa erklärte nach der Bekanntgabe der Ergebnisse, die Wahl zeige die Lebendigkeit der Demokratie in Südafrika. 25 Jahre nach den ersten demokratischen Wahlen hätten Demokratie und Freiheit gesiegt. Die Wahlbeteiligung lag bei 66 Prozent.

Der DA-Vorsitzende Mmusi Maimane sagte, er sei froh, dass der ANC erneut Stimmen verloren habe. "Wir hoffen, diese Entwicklung hält an." So könne sich die Demokratie in Südafrika von der Dominanz einer einzigen Partei lösen. Der ANC ist seit den ersten demokratischen Wahlen 1994 an der Macht und bekam in der Vergangenheit fast 70 Prozent der Stimmen.

Die Partei des Freiheitskämpfers und Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela (1918-2013) büßte in den vergangenen Jahren jedoch viel Zustimmung ein, vor allem wegen mehrerer Korruptionsskandale unter Präsident Jacob Zuma. Der 77-Jährige regierte von 2009 bis 2018, als er vorzeitig von Ramaphosa abgelöst wurde. Den zunehmenden Verlust an Zustimmung konnte Ramaphosa jedoch nicht stoppen.

Bei der Wahl für das Regionalparlament in der wichtigen Industrieprovinz Gauteng mit den Metropolen Johannesburg und Pretoria, die ebenfalls am Mittwoch stattfand, sicherte sich der ANC eine hauchdünne Mehrheit von 50,2 Prozent. Die "Economic Freedom Fighers" (EEF) des früheren ANC-Funktionärs Julius Malema wurden bei der Parlamentswahl am Mittwoch mit 10,8 Prozent drittstärkste Partei nach ANC und DA.

Dass der ANC weniger Stimmen verlor als erwartet, liegt Beobachtern zufolge an Ramaphosa. Sie sehen in dem Ergebnis eine Bestätigung für dessen Reformkurs. In Südafrika herrscht auch 25 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung eine hohe Arbeitslosigkeit. Stromausfälle, Wassermangel und eine hohe Kriminalitätsrate tragen zur Kritik am ANC bei, der die Probleme in den vergangenen Jahren nicht lösen konnte.