Der Verein Mehr Demokratie beklagt zu hohe Hürden für direkte Demokratie in Nordrhein-Westfalen. Während Volksbegehren und -initiativen in Deutschland hoch im Kurs stünden, bleibe NRW wegen zu hoher gesetzlicher Hürden bei den Volksbegehren hinter seinen Möglichkeiten zurück, erklärte der NRW-Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie, Alexander Trennheuser, am 7. Mai in Düsseldorf bei der Vorstellung des Volksbegehrensberichts 2019. So müssen für ein Volksbegehren in NRW acht Prozent der Unterschriften der Bürger eingeholt werden, das entspricht rund 1,1 Millionen Menschen.

"Das ist viel zu hoch", kritisierte Trennheuser. "Wir halten eine Unterschriftenquote von zwei bis drei Prozent für ausreichend." Ohne Nachbesserungen sei das Volksbegehren als "kraftvollstes direktdemokratisches Verfahren" kaum nutzbar. In den vergangenen zehn Jahren fand in NRW den Angaben zufolge nur ein Volksbegehren statt, "G9-jetzt-NRW", das 2017 die Rückkehr zur neunjährigen Gymnasialzeit forderte. Mit 630.000 Unterschriften wurde zwar nur etwas mehr als die Hälfte des notwendigen Quorums erreicht, die Kernforderung aber von der im gleichen Jahr gewählten schwarz-gelben Landesregierung umgesetzt.

Zahlreiche Volksinitiativen

Verbessert wird die NRW-Bilanz dem Verein zufolge durch die zahlreichen Volksinitiativen. Mit 20 solcher Verfahren seit 1950 stehe NRW im Ländervergleich an der Spitze. Bei einer Volksinitiative muss sich der Landtag inhaltlich mit dem Anliegen befassen. Die derzeit laufende Volksinitiative "Straßenbaubeitrag abschaffen" sei dabei mit mehr als 450.000 Unterschriften die bislang erfolgreichste. Eine weiter Volksinitiative "Aufbruch Fahrrad" fordert aktuell eine bessere Fahrrad-Infrastruktur für NRW.

Doch anders als in anderen Bundesländern folgt in NRW auf eine Volksinitiative kein Volksbegehren. Wenn sich der Landtag mit der Initiative befasst hat, ist das Verfahren abgeschlossen. Doch nur über ein Volksbegehren kann schlussendlich ein von der Bevölkerung initiierter Volksentscheid herbeigeführt werden, wenn das Parlament das Begehren ablehnt. "Die gesetzlichen Hürden für Volksbegehren in NRW müssen deshalb unbedingt erneut auf den Prüfstand", sagte Trennheuser.

Bundesweit wurden 2018 insgesamt 17 direktdemokratische Verfahren von den Bürgern gestartet. Das waren doppelt so viele wie 2017 und der vierthöchste Wert in der Geschichte der Bundesrepublik, wie Mehr Demokratie mitteilte. In den vergangenen zehn Jahren gab es bundesweit 124 Anträge auf Volksbegehren. Daraus folgten 28 Volksbegehren und sechs Volksentscheide. Inhaltlich stehen derzeit nach Angaben des Vereins vor allem soziale und ökologische Themen im Vordergrund. So lief in Bayern zuletzt das erfolgreiche Volksbegehren "Rettet die Bienen", das die notwendige Zahl der Unterschriften übertraf. Den Gesetzentwurf des Begehrens will die bayerische Landesregierung nun mittragen.