Der ukrainische Journalist und designierte Träger des Aachener Friedenspreises, Ruslan Kotsaba, soll wegen antisemitischer Aussagen die Auszeichnung nicht erhalten. Der Vorstand des gleichnamigen Trägervereins entschied am 10. Mai auf einer Sitzung, dem 52-Jährigen den Preis nicht zu überreichen, wie eine Sprecherin mitteilte. Allerdings müsse die Entscheidung noch von der Mitgliederversammlung des Vereins bestätigt werden. Das Gremium soll sich am 14. Juni treffen und dann über die Verleihung des Preises an Kotsaba entscheiden.

Kotsaba hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe des Antisemitismus bedauert und zurückgewiesen. Er bestätigte in einer Erklärung die in einem Video getätigten Aussagen und erklärte zugleich, dass sich seine Ansichten in der Sache verändert hätten. "Ich habe durch meine Politisierung im Kontext des Krieges in der Ostukraine viele meiner Einstellungen überdacht und geändert", betonte er. "Dazu gehört auch die Aussage von 2011, die in nicht akzeptabler Weise den Juden Verantwortung für den Aufstieg des Faschismus in Deutschland und des Kommunismus in Osteuropa gibt", sagte Kotsaba. Er bedaure diese Aussagen heute und bitte diejenigen, die sich durch sie verletzt gefühlt haben, um Verzeihung.

Zugleich verwies der 52-Jährige darauf, dass er die Aussage bereits vor mehreren Jahren aus dem Video entfernt habe. "Auch wenn sie eine für die Westukraine typische Sicht darstellt, ist sie falsch", unterstrich Kotsaba.

Von Linken-Abgeordnetem vorgeschlagen

Kotsaba war von dem Linken-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko und dessen Mitarbeiter Darius Dunker für den Aachener Friedenspreis vorgeschlagen worden. Die beiden verteidigten in einem Statement ihren Vorschlag und erklärten, bislang nichts von dem Video gewusst zu haben. Auch wenn die Aussagen von Ruslan Kotsaba "völlig inakzeptabel" seien, habe sich der ukrainische Journalist davon mittlerweile distanziert, erklärten Hunko und Dunker. Seine Erklärung sei glaubwürdig, daher habe der ukrainische Journalist nach wie vor die Auszeichnung verdient.

Der Vorstand des Vereins Aachener Friedenspreis sah das anders und entschied sich gegen eine Preisverleihung an den Ukrainer. Die Sprecherin begründete dies mit der "Schwere der Vorwürfe".

Der Aachener Friedenspreis wollte Kotsaba für sein Eintreten für Frieden, Versöhnung und Dialog zwischen den Konfliktparteien in der Ostukraine auszeichnen. Der Verein hatte den Preisträger erst am Mittwoch bekanntgegeben. Ukraine-Experten hatten daraufhin die Entscheidung mit Verweis auf die antisemitischen Aussagen Kotsabas kritisiert.

Majdan-Proteste unterstützt

Kotsaba stammt aus der Westukraine. Er unterstützte die Majdan-Proteste in Kiew vor fünf Jahren. Nach Ausbruch des Krieges zwischen ukrainischen Truppen und von Russland unterstützten Milizen in der Ostukraine sei Kotsaba als einziger Journalist seines Landes auf beiden Seiten der Front akkreditiert gewesen, hieß es.

Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 jedes Jahr an Initiativen oder Persönlichkeiten verliehen, die sich für Frieden und Dialog zwischen Konfliktparteien einsetzen. Der Trägerverein entscheidet über Vorschläge aus der Bevölkerung. Weitere Preisträger in diesem Jahr sind zwei deutsche Initiativen gegen Atomwaffen aus dem rheinland-pfälzischen Büchel, der "Initiativkreis gegen Atomwaffen in Büchel" und die Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt". Die Preisverleihung findet dann auf einem Festakt in Aachen am 1. September statt, dem Internationalen Antikriegstag. Die Preise sind mit jeweils 2.000 Euro dotiert.