Doch die brutale Niederschlagung der Proteste, die am 18. April 2018 begannen, habe Aufmerksamkeit auf die Probleme Nicaraguas gelenkt. "Es wurde zu einer Krise der Menschenrechte", sagte die nicaraguanische Autorin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Als die Sicherheitskräfte angefangen hätten, die Studenten zu töten, sei das Land aufgerüttelt worden und der anfängliche Studentenprotest sei zu einer großen Bewegung der Zivilgesellschaft gegen Präsident Ortega geworden, erläuterte sie. "Es gibt immer weniger Menschen, die ihn unterstützen."

Auch der Druck aus dem Ausland sei hilfreich, betonte die 70-Jährige, die immer schon Literatur mit politischem Engagement verbunden hat. "Die EU-Sanktionen haben ihm viele Türen geschlossen." Sollte die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die "Demokratische Charta" anwenden, die zum Ausschluss des Landes führen könnte, würde die Regierung weitere Geldquellen verlieren.

"Monarchischer Stil"

"Ich hätte nie gedacht, dass Daniel Ortega, obwohl ich ihn verabscheue, zu so einer Grausamkeit fähig ist", sagte Belli. Die Autorin von zahlreichen Gedichtbänden und bekannten Romanen wie "Bewohnte Frau" und "Waslala" kämpfte in den 70er und 80er Jahren zusammen mit Ortega in der Revolution, die die über 40-jährige Diktatur der Familie Somoza beendete. Schon damals habe Ortega autoritäres Gebaren an den Tag gelegt. "Jetzt herrscht ein monarchischer Stil der Machtausübung." Es passiere absolut nichts, das nicht von Ortega oder seiner Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, genehmigt worden sei.

Sogar gegen die katholische Kirche richte sich Ortegas brutale Aggression. "Die Kirche hat eine sehr kritische Haltung eingenommen", erläutert Belli. Deshalb werde sie in den regierungstreuen Medien verunglimpft, aber auch direkt angegriffen. Als Studenten, die von paramilitärischen Einheiten aus der besetzten Universität herausgeholt werden sollten, in einer Kirche in Managua Zuflucht suchten, sei die Kirche mit Kugeln durchlöchert worden. Zwei Jugendliche wurden getötet. "Das war der schlimmste Angriff." Insgesamt wurde laut Menschenrechtlern im vergangenen Jahr mehr als 300 Menschen von Sicherheitskräften getötet.

In Gefahr sind Belli zufolge jedoch alle, die Kritik an der Regierung äußern - auch sie selbst. "Es ist immer ein sehr schmaler Grat, auf dem man sich bewegt. Und schlussendlich weiß man nie." In dieser Situation rette sie ihre Bekanntheit, sagt die Trägerin mehrerer Auszeichnungen. Aber sie sehe es als ihre Pflicht, weiter die Stimme zu erheben. "Ich werde reden, bis sie mich zum Schweigen bringen."