Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) hatte seine Gärten immer im Blick. Selbst wenn er auf Reisen war, gab er seiner Frau Christiane genaue Anweisungen, welche Pflanzen zu setzen oder zu beschneiden seien. Umgekehrt trug sie ihm auf, südländische Nutzpflanzen von seinen Reisen mitzubringen. Beide schätzten zum Beispiel Artischocken.

Die besondere Garten-Leidenschaft Goethes lässt sich nun auf dem Dach der Bundeskunsthalle erkunden. Unter dem Titel "Goethes Gärten" sind zentrale Elemente aus den beiden Weimarer Gärten des berühmten deutschen Dichters detailgetreu nachgebaut worden. Die Gartenschau stimmt auf die große Ausstellung "Goethe. Verwandlung der Welt" ein, die vom 17. Mai bis 15. September in der Bundeskunsthalle zu sehen ist.

Goethe studierte schon früh die Schriften des Gartentheoretikers Christian Hirschfeld (1742-1792) und schwärmte für englische Landschaftsgärten. 1776 bezog er sein erstes Haus in Weimar, ein Gartenhaus am östlichen Ilmhang. Den verwilderten "Garten am Stern" gestaltete er entsprechend im englischen Stil mit geschwungenen Wegen und schattigen Ruheplätzen. Außerdem legte er einen Nutzgarten mit Obstbäumen und Gemüsebeeten an.

Malvenallee

Eine charakteristische Besonderheit dieses Gartens ist die Malvenallee, die nun auf dem Dach der Bundeskunsthalle bestaunt werden kann. Diese Blumensorte war zur Zeit Goethes besonders beliebt. Die Allee verbindet das Weimarer Gartenhaus mit dem "Stein des guten Glücks". Dabei handelt es sich um eine sehr modern anmutende Skulptur, die aus einem Würfel und einer darauf liegenden Kugel besteht.

In Bonn steht eine Replik dieser Plastik, die zu den ersten nicht figurativen Denkmälern in Deutschland zählt. Symbolisch treffen in ihr zwei widerstreitende Prinzipien aufeinander: Der Würfel steht für Beständigkeit, die Kugel für Veränderung.

1782 zog es Goethe vom Rand Weimars ins Zentrum. Weil seine repräsentativen Aufgaben zugenommen hatten, wechselte er mit seiner Familie in ein größeres Stadthaus am Frauenplan. Das Gartenhaus behielt er, legte aber auch seinen Stadtgarten sorgfältig an. Im Gegensatz zu den geschwungenen Wegen im Garten am Stern dominieren hier geometrisch angelegte Rabatten.

In Anlehnung daran hat das Team der Bundeskunsthalle unter anderem einen mit Rabatten umsäumten Küchengarten mit Salaten und Kräutern im Stile Goethes angepflanzt. Auf dem Bonner Dachgarten wachsen in diesem Sommer auch Zitrusfrüchte, Feigen, Ginkgo-Bäume oder Artischocken, wie sie Goethe von seinen Reisen mitbrachte. Auf finden die Besucher dort einen Pavillon mit Weinspalieren. So pflanzte der Dichter einst auch Wein an Spalieren und erprobte neue Methoden des Beschnitts, um den Ertrag zu steigern.

Beim Spaziergang durch die grüne Welt des Dichterfürsten wird deutlich: Er legte seine Gärten so an, dass sie gleich drei unterschiedlichen Zwecken dienten. Zum einen hatten sie als Nutzgärten eine ökonomische Funktion. Goethes Frau Christiane konnte offenbar auf eine so reichhaltige Obst- und Gemüseernte aus den Gärten zurückgreifen, dass das Paar öfter Freunde mit Früchten aus eigenem Anbau beglückte.

Ästhetische Prinzipien

Zudem legte Goethe der Gestaltung seiner Gärten auch ästhetische Prinzipien zugrunde. Sie dienten mit ihren Sitznischen und der Blumenbepflanzung der Erholung, dem "Verweilen und Genießen in freier Luft". Und nicht zuletzt nutzte der Dichter die Gärten für seine botanischen Studien, wie wissenschaftliche Schriften zur Metamorphosen- und Farbenlehre in der Ausstellung belegen.

Seine besondere Aufmerksamkeit galt der Entwicklung von Pflanzen und dem Wandel ihrer Organe wie Blätter oder Stängel. Goethe legte dazu ein "botanisches Beet" an, wo er das Wachstum von Pflanzen beobachtete. Dort säte er zum Beispiel 50 verschiedene Asternsorten aus. Die Samen hatte damals der Bonner Botaniker Daniel Nees von Esenbeck dem Dichter und Naturforscher geschickt. Mehrere Generationen danach ist das Saatgut wieder an den Rhein zurückgekehrt, wo die Astern im Sommer auf dem Dach der Bundeskunsthalle blühen werden.