Bremen (epd). Mal ist es Kunst, mal einfach nur Kitsch: Mit einer großen Ausstellung würdigt die Kunsthalle Bremen das berühmte Grimmsche Märchen der Bremer Stadtmusikanten, das vor 200 Jahren erstmals veröffentlicht wurde. Unter dem Titel "Tierischer Aufstand" zeigt die Präsentation bis zum 1. September die Wege von Esel, Hund, Katze und Hahn durch Literatur, Kunst, Kram und schließlich von Bremen in die Welt. "Mit den Stadtmusikanten geht es um moralisch brisante Themen, die bis heute hoch aktuell sind", sagte Kunsthallen-Direktor Christoph Grunenberg am 22. März.
"Zieh' lieber mit uns fort, etwas Besseres als den Tod findest du überall", lautet der legendäre Satz aus dem populären Märchen, durchaus sozialrevolutionär. Grunenberg führte aus, für was die Worte und mit ihnen das Tierquartett bis heute stehen: "Es geht um Vertreibung, Alter, Vergänglichkeit, um soziale Unterschiede, Solidarität und die Macht der Musik als Protest." Jennifer Smailes, mit Manuela Husemann Kuratorin der Ausstellung, sagte, das Märchen zeige, dass strategische Allianzen wichtig seien, um Ziele wie ein würdevolles Leben zu erreichen.
Spektakulärer Hingucker
Das illustriert die Kunsthalle gemeinsam mit dem Staatsarchiv Bremen und zeigt in sieben Räumen nach Angaben von Husemann rund 300 Exponate - vom Kunstwerk bis zum Souvenir-Kitsch, der sich wie geschnitten Brot verkauft. Und das mit kuriosem Hintergrund: Denn obwohl die vier Märchenfiguren in der Erzählung nie in der Hansestadt angekommen sind, sind die Tiere und ihr Sehnsuchtsort doch zu einer begrifflichen Einheit geworden.
Spektakulärer Hingucker vor der Kunsthalle ist eine Arbeit des belgischen Künstlers Maarten Vanden Eynde unter dem Titel "Pinpointing Progress". Er türmt mit seiner Skulptur keine Tiere, sondern in Lettland produzierte Fahrzeuge und Apparate. Wie präparierte Insekten fixiert er die Objekte mit einer riesigen Nadel.
Vielfalt der Objekte
In den Sälen thematisieren Künstler wie der Italiener Maurizio Cattelan, der Südkoreaner Gimhongsok, der Engländer Martin Creed und der US-Amerikaner Jeff Koons in ganz unterschiedlichen Spielarten das Motiv der Pyramide. "Sie ist zum charakteristischen Markenzeichen des Grimmschen Textes geworden und spielt bei der künstlerischen Bearbeitung als verdichtete Formel des gemeinsamen Einbruchs in das Räuberhaus eine große Rolle", verdeutlichte Husemann.
In der Ausstellung sind nach Angaben des Direktors des Bremer Staatsarchivs, Konrad Elmshäuser, unter anderem Erstausgaben des Märchens zu sehen. Dokumentiert werde auch der spannende Prozess der Einbürgerung der Stadtmusikanten in Bremen, der eigentlich erst um 1900 eingesetzt habe. "Vorher scheinen die armen Tiere die Bremer nicht sehr interessiert zu haben." Erst dann setze eine Identifikation ein und es seien Denkmäler und Gemälde im öffentlichen Raum entstanden.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt zweifellos in der Vielfalt der Objekte, die heute mit Bezug auf die Stadtmusikanten zu finden sind. So werden nicht nur die älteste Bremer Stadtmusikanten-Skulptur aus dem Bremer Ratskeller gezeigt, sondern auch Studien zur 1953 am Bremer Rathaus aufgestellten weltbekannten Tierpyramide des Bildhauers Gerhard Marcks. Die Ausstellung ist überdies zentraler Bestandteil des "Bremer Stadtmusikantensommers 2019", mit dem die Stadt in diesem Jahr das Jubiläum der Erstveröffentlichung 1819 in den "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm feiert.