In Deutschland lebende Menschen haben einer Studie zufolge sehr ähnliche Vorstellungen, was einen guten Bürger ausmacht. Dabei gebe es kaum Unterschiede zwischen Einheimischen und Migranten, erklärte die Bertelsmann Stiftung am 11. Dezember in Gütersloh. Am wichtigsten war allen Befragten "Gesetze befolgen", "Respekt vor älteren Menschen zeigen" und "eigenverantwortlich für seinen Lebensunterhalt sorgen". Diese Werte erhielten jeweils 98 Prozent Zustimmung. Eine "Bereitschaft zum Militärdienst" wurde nur von jedem zweiten als Eigenschaft eines vorbildlichen Bürgers gesehen. "Stolz auf Deutschland zu zeigen" waren rund 60 Prozent als Bürgertugenden wichtig.

Für die große Mehrheit aller in Deutschland lebenden Menschen könne jeder ein guter Bürger sein, unabhängig davon, ob er in Deutschland oder im Ausland geboren sei, erklärte die Stiftung weiter. Migranten würden Merkmale wie die Akzeptanz von Menschen mit einer anderen Religion und Einwandern helfen, deutlich höher bewerten als Einheimische, hieß es. Die hohe Zustimmung beruhe auch auf der eigenen Betroffenheit, hieß es in der Studie. Einheimische bewerteten hingegen "wählen gehen" und "sich politisch informieren" höher.

Unterschiedliche Einstellungen zwischen West- und Ostdeutschland

Unterschiedliche Einstellungen würden besonders von Alter und Wohnort, etwa zwischen West- und Ostdeutschland, abhängen. Werte wie "Gesetze befolgen" waren in Ostdeutschland fast 20 Prozent weniger "sehr wichtig" als Befragten in Westdeutschland. Auch Respekt gegenüber anderen Religionen und Hilfe für Einwanderer wurden rund zehn Prozent weniger als sehr wichtiges Merkmal gesehen. Insgesamt seien Männer, ältere Menschen und Ostdeutsche kritischer gegenüber Einwanderern und Religionen eingestellt.

Bei den Menschen mit ausländischen Wurzeln gebe es Unterschiede zwischen den im Ausland und den in Deutschland Geborenen. Beide Gruppen teilten zwar hohe Bewertung von Respekt vor Älteren und gegenüber Anhängern anderer Religionen im Vergleich zu Einheimischen. Allerdings messen im Ausland geborene Migranten Werte, wie im eigenen Umfeld auf Recht und Ordnung zu achten, stolz auf Deutschland zu zeigen und bereit zum Militärdienst zu sein, einen höheren Stellenwert zu. In Deutschland geborene Migranten bewerteten hingegen diese ähnlich wie die übrige Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.

Dräger: Eindruck gesellschaftlicher Spaltung täuscht

Wichtige Orte der Vermittlung von Bürgersinn sind für die Mehrheit die Familien (93 Prozent) und Schulen (88 Prozent). Kirchen, Religionsgemeinschaften und Medien hätten dabei lediglich für jeden zweiten Befragten (jeweils rund 50 Prozent) eine große Bedeutung.

Der Eindruck großer gesellschaftlicher Spaltung täusche, erklärte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Die allermeisten Menschen in Deutschland teilten grundsätzliche Ansichten darüber, welche Haltungen und Handlungen für die Bürger wünschenswert seien.

Für die Studie "Bürgersinn in der Einwanderungsgesellschaft - Was Menschen in Deutschland unter einem guten Bürger verstehen" wurden zwischen Juli und August knapp 2.060 Menschen ab 14 Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet befragt. Fast 1.170 von ihnen haben einen Migrationshintergrund.