Jubel im Parlament, Feiern auf den Straßen: Als Robert Mugabe am 21. November 2017 seinen Rücktritt erklärt, scheint die Zeit in Simbabwe angehalten. Das Ende der Ära Mugabe, der sich seit der Unabhängigkeit 1980 an die Macht geklammert hatte, verheißt einen Neuanfang und ein Ende von Isolation, Misswirtschaft und Krise.

Ein Jahr später sind die Hoffnungen auf einen grundlegenden Wandel erschüttert: Die Wirtschaft liegt nach wie vor am Boden, Menschenrechtler berichten von anhaltender Angst vor Gewalt und Repressionen. Die Lage zwölf Monate nach Mugabe und der Amtsübernahme seines früheren Stellvertreters Emmerson Mnangagwa sei "nicht ermutigend", resümiert die Simbabwe-Expertin Julia Grauvogel vom Hamburger Giga-Institut für Afrika-Studien.

"Bis auf Initiativen in den Städten, bei der gut gebildeten Mittelschicht, haben sich die Simbabwer wenig öffentlichen Raum zurückerobern können", sagt sie. Manche Medien trauten sich inzwischen mehr, erreichten jedoch vor allem die gebildeten Städter. "Das heißt aber auch nicht, dass Mnangagwa nicht gegebenenfalls genauso harsch durchgreifen würde wie Mugabe."

"Altbekannte Strategien"

Mnangagwa, langjähriger Gefolgsmann und späterer Kritiker des Präsidenten, übernahm die Amtsgeschäfte wenige Tage nach dem vom Militär erzwungenen Rücktritt des damals 93 Jahre alten Mugabe. Im Juli wurde er bei der fälligen Präsidentenwahl bestätigt. Er trat mit dem Versprechen von Reformen und Versöhnung an.

Doch schon die gewaltsame Niederschlagung von Protesten nach der Wahl habe gezeigt, dass "wieder die altbekannten Strategien" angewendet worden seien, erklärt Grauvogel. "Nicht umsonst war Mnangagwa ein wichtiger Mastermind hinter dem Unterdrückungsregime Mugabes."

Viele Simbabwer erhofften sich von Mugabes Abtritt aber vor allem eins: dass es wirtschaftlich aufwärtsgeht. Mnangagwa sicherte zu, das Land aus der Krise zu führen und ökonomisch zu öffnen. Ein Jahr später ist die Arbeitslosigkeit weiter extrem hoch, Investoren halten sich zurück. Simbabwe muss importieren, um die Bevölkerung zu versorgen, das Außenhandelsdefizit steigt.

"Die Erwartungen waren sehr hoch. Viele glaubten, dass plötzlich Investitionen ins Land strömen würden und sich alles bessern würde", erklärt David Mbae, der das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Harare leitet. Erst im Oktober habe es jedoch erneut Lebensmittelengpässe gegeben. Brot und Speiseöl etwa seien zeitweise nicht verfügbar gewesen, Supermärkte hätten den Verkauf von Trinkwasser und anderen Grundnahrungsmitteln rationiert. Das habe den Menschen vor Augen geführt, dass wieder ein wirtschaftlicher Kollaps drohen könne. "Die Aufbruchsstimmung ist Ernüchterung gewichen", sagt der Politikwissenschafter.

Nahrungsmittelhilfe

Die Landesdirektorin der Welthungerhilfe in Simbabwe, Regina Feindt, meint: "Die Ernährungssituation wird sich in den kommenden Wochen und Monaten und womöglich auch darüber hinaus noch verschlechtern." Einerseits gingen die Vorräte zu Ende, andererseits verschärfe die Verknappung von Produktionsmitteln wie Saatgut und Dünger die Lage.

Hilfsorganisationen gingen davon aus, dass bald fast vier Millionen der rund 16 Millionen Simbabwer auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, sagt Feindt. "Die Erwartung vor einem Jahr, dass sich die Wirtschaft schnell erholen würde, war jedoch aus meiner Sicht angesichts der tiefgreifenden, komplexen Probleme von vornherein überzogen."

Es gebe jedoch bereits Anzeichen einer wirtschaftlichen Belebung, betont der 76-jährige Mnangagwa unterdessen in der "Financial Times". Und seine Regierung sei bereit, die Herausforderungen "frontal anzugehen", versichert er in dem Beitrag von Mitte November. Unnötige Ausgaben einzuschränken gehöre dazu, die Privatisierung und Reformierung staatlicher Unternehmen sei eine Schlüsselkomponente. Auch die kürzlich eingeführte zweiprozentige Steuer auf elektronischen Zahlungsverkehr und das Eindämmen von Korruption sollten dazu beitragen, das Haushaltsdefizit einzufangen.

Die bisher einzigen sichtbaren Auswirkungen im Kampf gegen Korruption gibt es laut Simbabwe-Forscherin Grauvogel im Straßenbild: "Früher gab es viele Straßenblockaden, mit denen Polizisten niedriger Dienstgrade ihr Einkommen aufbesserten. Die sind jetzt verschwunden."