André Pasti fürchtet um die Meinungsfreiheit in Brasilien, wenn der rechtsextreme Ex-Militär Jair Bolsonaro am 1. Januar ins Präsidentenamt kommt. Die Verflechtung von Politik, Medien, Unternehmen und Kirchen transparent zu machen, sieht der Professor an der Uni Campinas bei São Paulo als wichtige Aufgabe an. Und dem Druck entgegenzutreten. In vielen Ländern der Welt wehren sich Journalisten und Menschenrechtler gegen "das Kapern" von Medien - die Vereinnahmung für politische oder wirtschaftliche Interessen. Das machte ein Symposium des Forums Medien und Entwicklung in der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung am 22. und 23. November in Berlin deutlich. Titel: "Die stille Übernahme".

Der künftige starke Mann Brasiliens drohte der kritischen Tageszeitung "Folha de São Paulo" bereits mit Anzeigenboykott. Seine Wahl wiederum verdankt er mit einem der größten Medienkonzerne. "Rede Record" gehört Bischof Edir Macedo von der "Universalkirche des Königreichs Gottes", einer der größten Pfingstkirchen in Brasilien, die sich gegen Homosexualität und Feminismus wendet. Aber auch Politiker selbst besitzen Fernsehkanäle, obwohl die Verfassung dies Mandatsträgern verbietet. Professor Pasti hat mit seiner Organisation Intervozes die Justiz informiert - und hofft, dass sie dem nachgeht.

In Sri Lanka dominiert der Staat die Medienlandschaft. Er ist nicht nur Eigentümer von Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern, auch private Medien sind auf Regierungslinie, wie Deepanjalie Abeywardana von der Denkfabrik "Verité Research" in Colombo sagt. Die Absetzung von Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe am 26. Oktober habe Furcht ausgelöst: "Was ist, wenn die Medien einer repressiven Regierung in die Hände fallen?"

"Züge eines Staatsstreichs"

Mehrere Journalisten hätten bereits ihre Jobs verloren. Präsident Maithripala Sirisena habe verfassungswidrig Ex-Staatschef Mahinda Rajapaksa als Regierungschef eingesetzt. "Das trägt Züge eines Staatsstreichs", sagt Abeywardana. "Wir haben Alpträume." Unterdessen wird die Webseite "Ethics Eye" weitergeführt, auf der mögliche Fake News gepostet und geprüft werden.

Ali Amar sieht seine Heimat Marokko nach dem "arabischen Frühling" in einem sehr langsamen Wandel. Es sei keine Diktatur, aber auch keine Demokratie. "Es ist etwas dazwischen", sagt der Mitgründer des Wochenmagazins "Le Hebdo", der wegen Berichten über den Westsahara-Konflikt Prozesse und Anzeigenboykott erlebte. Nach zwölf Jahren kam 2010 per Gerichtsbeschluss die Schließung. Amar ging ins Ausland. 2015 kehrte er zurück, um mit Kollegen das Online-Magazin "Le Desk" auf die Beine zu stellen. Um unabhängig zu bleiben, erarbeiten sie ein Bezahlmodell und kooperieren mit ihrem erfolgreichen französischen Vorbild "Mediapart".

Im Nachbarland Tunesien, dem arabischen Land, das die meisten demokratischen Fortschritte geschafft hat, machte Fatima El Issawi eine ernüchternde Erfahrung, als sie Journalisten befragte. "Es gibt einen Rückfall in die Selbstzensur", sagt die Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität im englischen Essex. Im Namen des Patriotismus würden Nachrichten nicht veröffentlicht, die für die Regierung unbequem seien. Denn das Land stehe im Visier des Terrorismus.

Der Südsudanese John Jak Dal lebt in der Flüchtlingssiedlung Araua in Uganda. Er weiß, wie Fake News den ethnischen Hass im Bürgerkrieg in seinem Land anfachen. So kursierten in sozialen Medien Videos und Fotos, die Zerstörungen zeigen. "Sie erzeugen sofort Ärger", sagt Dal. Mit seiner Jugendorganisation "Youth Advocacy Team" ruft er dazu auf, die Nachrichten zu prüfen und falsche zu entlarven. "Wir nutzen oft das Telefon, um herauszufinden, ob es wahr ist oder nicht." Missen möchte er die sozialen Medien indes auf keinen Fall: "Wir sind junge Leute, wir brauchen sie."