Gütersloh, Saarbrücken (epd). Die Bertelsmann Stiftung kritisiert einen Stillstand beim Ausbau der Qualität in saarländischen Krippen. Hätte 2012 eine Erzieherin 3,6 Kinder betreut, seien es 2017 wiederum 3,8 Kinder gewesen, teilte die Stiftung am 28. August in Gütersloh bei der Vorstellung des Ländermonitors über frühkindliche Bildung mit. Baden-Württemberg schneide mit dem Verhältnis von einer Betreuungskraft für rund drei Kinder am besten ab. Der saarländische Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) kritisierte den Bildungsmonitor. Dieser sei "wie in den vergangenen Jahren unseriös, eindimensional und geht an den Realitäten vorbei", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Commerçon: Bildungsmonitor als eindimensional
Der Betreuungsschlüssel für Kinder ab drei Jahre hat sich der Bertelsmann Stiftung zufolge im Saarland leicht verbessert (von 1 zu 10 auf 1 zu 9,6). Allerdings liege das kleinste Flächenbundesland mit diesem Wert im westdeutschen Vergleich auf dem vorletzten Platz vor Hessen. Zudem habe sich die Situation für Kita-Leiterinnen verschlechtert: Hätten 2014 rund sechs Prozent der Kitas angegeben, keine Zeit für Leitungsaufgaben zu haben, sei der Wert 2017 auf knapp acht Prozent gestiegen. Bundesweit sind es elf Prozent. Allerdings haben viele Einrichtungen im Saarland eine von der Stiftung empfohlene Leitungsausstattung.
Nach den Empfehlungen der Stiftung müsste das Saarland 1.350 zusätzliche Fachkräfte rekrutieren sowie weitere 61 Millionen Euro jährlich bereitstellen, um die Personalausstattung auszubauen. Zudem seien 179 vollzeitbeschäftigte Leitungskräfte zusätzlich nötig, was weitere elf Millionen Euro koste. Mit Blick auf das von der Bundesregierung geplante "Gute-Kita-Gesetz" forderte die Bertelsmann Stiftung eine Verteilung der Mittel gemessen an der Zahl der Kinder in der Kindertagesbetreuung. Das Saarland erhielte dann jeweils rund 20 Millionen Euro in den Jahren 2021 und 2022.
Saar-Bildungsminister Commerçon kritisierte den Fokus der Studie auf den Personalschlüssel. "Aspekte wie Leitungsfreistellungen und überwiegend vollzeitbeschäftigte Fachkräfte haben einen nachhaltigen Einfluss auf die pädagogische Qualität - und in beiden Bereichen ist das Saarland bundesweit ganz vorne mit dabei", sagte Commerçon dem epd.
"Bertelsmann blendet völlig aus, dass in den letzten Jahren vor allem der Ausbau der Kapazitäten im Vordergrund stehen musste", kritisierte der SPD-Politiker. Seit 2012 habe das Saarland rund 80 Prozent mehr Krippenplätze geschaffen. Aufgrund der gestiegenen Geburtenzahlen und der Zuwanderung seien heute im Vergleich zu 2012 fast 4.000 Kinder zusätzlich in Kitas. "Wir haben neue Krippen errichtet, Kitas saniert, das Ganztagsangebot ausgebaut, Personal neu eingestellt und Erzieherinnen und Erzieher aus- und fortgebildet", betonte der Bildungsminister.
"Mehr Personal ist sicher wünschenswert, aber wir dürfen dabei keine Luftschlösser bauen", unterstrich Commerçon. Investitionen in Personal und Infrastruktur brächten noch keine Bildungsgerechtigkeit. Die Landesregierung habe vereinbart, die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung schrittweise abzuschaffen. "Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Entlastung der Eltern um 25 Prozent muss aber deutlich erhöht werden", ergänzte der Minister.
Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitors sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder unter anderem aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik. Stichtag für die Datenerhebung war der 1. März 2017.