Im Osten Deutschlands betreut eine Fachkraft im Durchschnitt fast doppelt so viele Kinder wie im Westen. "Die Kita-Qualität hat sich bundesweit verbessert - die Kluft zwischen den Ländern ist allerdings geblieben", sagte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger, am 28. August in Gütersloh bei der Vorstellung des Ländermonitors für frühkindliche Bildung. Er mahnte bundesweit einheitliche Qualitätsstandards an. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) verwies auf das geplante Kita-Gesetz des Bundes, das die Betreuung verbessern soll. Auch Sicht der Sozialverbände reicht das allerdings nicht aus.

In Ostdeutschland kamen im vergangenen Jahr den Angaben zufolge sechs Kinder unter drei Jahren auf eine Betreuungskraft, in Westdeutschland waren es 3,6 Kinder. Fünf Jahre zuvor waren es 6,4 Jungen und Mädchen im Osten und 3,9 in Westen. Den besten Personalschlüssel hat Baden-Württemberg (3), Schlusslicht ist Sachsen-Anhalt (6,4). Allerdings würden in Ostdeutschland traditionell deutlich mehr Kinder unter drei Jahren in Krippen betreut, hieß es.

Schlusslicht Mecklenburg-Vorpommern

Auch bei den älteren Kita-Kindern liegt Baden-Württemberg mit einem Verhältnis von einer Fachkraft zu sieben Kindern vorn. Das ungünstigste Betreuungsverhältnis hat Mecklenburg-Vorpommern mit 13,4 Kinder pro Fachkraft. In Nordrhein-Westfalen waren es fast neun Kinder (8,9).

Die Stiftung forderte bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für Kitas. Die Experten der Bertelsmann Stiftung empfehlen ein Betreuungsverhältnis von einer Fachkraft für drei unter dreijährige Kinder beziehungsweise für 7,5 ältere Kinder. Demnach müssten in NRW zusätzlich 15.536 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte eingestellt werden. Das würde jährlich 706 Millionen Euro kosten. Weiteres Personal und Kosten seien für die Leitung der Kindereinrichtungen nötig, hieß es.

Bundesfamilienministerin Giffey hob das geplante Gute-Kita-Gesetz hervor. Ziel sei es, dass "überall in Deutschland gute Bedingungen für die frühkindliche Bildung geschaffen werden". Der Bund wolle die Länder mit 5,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 unterstützen, damit die Situation vor Ort konkret verbessert werden könne. Nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung wären jedoch jährlich 8,7 Milliarden Euro nötig.

Die Unionsbundestagsfraktion erklärte, dass sie bei dem Kita-Gesetz die Schwerpunkte auf eine weitere Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels und der Gewinnung qualifizierter Fachkräfte legen werde. Eine Beitragsreduzierung sei ein wichtiges Ziel, dürfe aber darf nicht zu Lasten der Qualität gehen, sagte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Nadine Schön. Die Grünen im Bundestag verlangten, dass das geplanten Gesetz um einheitliche Qualitätsstandards ergänzt werden müsse.

Milliardeninvestitionen

Der Deutsche Kinderschutzbund mahnte neben erforderlichen Investitionen für mehr Kita-Plätze ein Investitionsprogramm von jährlich fünf Milliarden Euro zur Verbesserung der Betreuungsqualität an. Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe nannte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" einen zusätzlichen Förderbedarf von jährlich zehn Milliarden Euro. Die Arbeiterwohlfahrt sprach sich zudem für eine bessere Bezahlung für Erzieherinnen aus, um den Beruf attraktiv zu machen.

Sozialverbände und GEW unterstützten die Forderung nach bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards. Dagegen lehnte der Deutsche Städtetag bundeseinheitliche Standards ab. Diese würden den sehr unterschiedlichen Konzepten der Kitas vor Ort nicht gerecht, sagte der Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Auch Sicht des Städtebunds reichen die vom Bund in Aussicht gestellten 5,5 Milliarden Euro zur Kita-Förderung nicht aus.

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitors sind Auswertungen von Daten der statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik sowie weiteren Statistiken. Stichtag war der 1. März 2017.