Die katholische Bischöfe wollen die Entschädigungen für Opfer sexuellen Missbrauchs neu regeln. Die Deutsche Bischofskonferenz beriet während ihrer Herbst-Vollversammlung den Vorschlag einer Arbeitsgruppe, der am 25. September in Fulda vorgestellt wurde. Demnach kommen zwei Modelle in Frage: eine pauschale Entschädigungsleistung in Höhe von 300.000 Euro oder ein Stufen-Modell mit Beträgen zwischen 40.000 und 400.000 Euro, das den Einzelfall stärker berücksichtigt. Eine Entscheidung darüber, welches Modell die Bischöfe einführen wollen, wurde nicht getroffen, wie der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, mitteilte.

Bislang habe die katholische Kirche rund 2.100 Betroffenen eine finanzielle Anerkennung für erlittenes Leid gezahlt, sagte Ackermann. Nach Angaben der Bischofskonferenz beläuft sich die bisher gezahlte Gesamtsumme auf rund neun Millionen Euro. 5.000 Euro pro Antrag gelten bislang als Richtwert. Zusätzlich wurden oft anfallende Therapiekosten übernommen.

Grund-Schmerzensgeld von 10.000 Euro

Nach dem neuen Modell könnte in Zukunft ein Grund-Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro gezahlt werden. "Damit sind minderschwere Fälle wie Grenzverletzungen und sexuelle Belästigungen erfasst", heißt es in dem Arbeitspapier. Über diese Grundsumme hinaus sollen Betroffene Entschädigungsleistungen nach einem der beiden Modelle erhalten - entweder als Einmalzahlung oder in Form einer monatlichen Rente.

Anspruch auf eine solche Anerkennungsleistung haben demnach zunächst zum Tatzeitpunkt minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs. Sexueller Missbrauch umfasst nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe sowohl strafrechtlich sanktionierbare Handlungen, wie auch nicht strafrechtlich relevante Handlungen, die die Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen missachten.

Der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, betonte am 25. September, es gehe nicht nur um Anerkennung des erlittenen Leids, sondern um Verantwortungsübernahme durch die Institution Kirche. Er sprach sich erneut für eine pauschale Entschädigungszahlung in Höhe von 300.000 Euro aus. Eine Pauschale habe Vorteile für die Opfer sexuellen Missbrauchs. "Es erspart den Opfern eine Menge und es beschleunigt das Verfahren", sagte Katsch. Eine Pauschalisierung sei daher "schonender und fairer".

"Nicht einfach, hier zu stehen"

Katsch hatte am 24. September den Vorschlag der Arbeitsgruppe den Bischöfen vorgestellt. Es sei das erste Mal, dass ein Vertreter der Betroffenen an dieser Stelle vor der Vollversammlung gesprochen habe, sagte er. "Es ist nicht einfach für ein Opfer sexueller Gewalt, hier zu stehen", fügte Katsch hinzu.

Er forderte außerdem, auch die Deutsche Ordensoberenkonferenz finanziell und organisatorisch an dem geplanten neuen Verfahren zu beteiligen, weil viele der Taten in Einrichtungen von Orden verübt worden seien. Der Vorschlag der Arbeitsgruppe sieht auch vor, das Verfahren für Entschädigungszahlungen zu ändern. Dafür soll ein Fonds eingerichtet werden, der gegenüber der Kirche nicht weisungsgebunden sein soll.

Wann die Bischofskonferenz über die Art des Entschädigungsmodells, das Verfahren und die Höhe der Summen entscheiden wird, ist unklar. Ackermann sprach davon, "zügig" innerhalb der kommenden Monate entscheiden zu wollen. Katsch betonte, er hoffe, den Betroffenen bald "ein Ende des langen Weges" aufzeigen zu können.