Berlin (epd). Das "Parlament der Bäume" wächst weiter. Auf dem vom Aktionskünstler Ben Wagin geschaffenen Berliner Erinnerungsort für die Mauertoten wurde am 24. April von Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) ein neuer Apfelbaum gepflanzt. Das Mahnmal auf dem ehemaligen Todesstreifen in unmittelbarer Nähe des Bundestages umfasst aktuell rund 100 verschiedene Bäume sowie 58 originale Segmente der Berliner Mauer.
Anlass der neuen Baumpflanzung ist den Angaben zufolge der "Tag des Baumes" am 25. April sowie die bevorstehende Europawahl am 26. Mai. Mit der Aktion soll laut Wagin zur Teilnahme an der Europawahl aufgerufen werden. Dabei solle für mehr Klimaschutz, Frieden und Gerechtigkeit gestimmt werden.
Auch die weitere Finanzierung des "Parlaments der Bäume" ist vorerst gesichert. Die Lottostiftung Berlin übergab dazu am Mittwoch einen Förderscheck in Höhe von 175.000 Euro. Laut dem Baumpatenverein, der den Künstler Ben Wagin seit Jahren unterstützt, soll mit dem Geld unter anderem das Mahnmal anlässlich des 30-jährigen Mauerfall-Jubiläums in diesem Jahr zeitweise für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Angedacht sei eine Öffnung von mehreren Wochen im Herbst 2019. Bislang war ein öffentlicher Zugang nur vereinzelt möglich.
Berlins Stadtentwicklungssenatorin räumte ein, dass sich die Politik lange schwer getan habe, das "Parlament der Bäume" langfristig zu sichern. "Inzwischen wird sich niemand mehr wagen, diesen Ort infrage zu stellen", so Lompscher. Die Bundeshauptstadt brauche derartige Erinnerungsorte und "grüne Lungen". Das "Parlament der Bäume" sei beides: Denkmal und Natur. Lompscher betonte zudem: "Der Gedanke, den dieser Ort hat, ist Frieden und Verständigung. Das gilt es nach Europa zu tragen."
Der Europaparlamentarier Michael Cramer (Grüne) erklärte zudem, dass er sich dafür einsetzen wolle, den "Tag des Baumes" künftig zum europäischen Fest- und Gedenktag zu machen. Seit rund 100 Jahren gebe es den "Tag des Baumes" bereits, allerdings nur in Deutschland. "Ein Europa ohne Bäume kann ich mir nicht vorstellen", sagte Cramer und fügte hinzu: "Ohne Bäume gäbe es keine Menschen."
Das "Parlament der Bäume" erinnert seit dem 9. November 1990 an die Mauertoten und die Teilung Deutschlands. Die Anlage auf dem ehemaligen Grenzstreifen an der Spree besteht aus Mauersegmenten, Granitplatten mit den Namen von Maueropfern, Texten, Gemälden, Blumenbeeten und Bäumen, die nach der deutschen Wiedervereinigung unter anderem von mehreren Ministerpräsidenten und Vertretern des öffentlichen Lebens gepflanzt wurden. Seit 2017 steht das Mahnmal mitten im Berliner Regierungsviertel unter Denkmalschutz. Eine langfristige Finanzierung ist bislang noch offen.