Berlin (epd). Nach langem Ringen hat der Bundestag eine gesetzliche Grundlage für die Bezahlkarte für Flüchtlinge beschlossen. Mit den überwiegenden Stimmen der Ampel-Fraktionen sowie der von AfD und der Gruppe Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stimmte das Parlament am 12. April in Berlin für eine entsprechende Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Dort wird die Bezahlkarte künftig ausdrücklich erwähnt und festgelegt, dass Sozialleistungen vorrangig in dieser Form statt bar ausgezahlt werden sollen. Union und Linke sowie die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram stimmten gegen die Regelung.

In einer vorangegangenen hitzigen Debatte im Bundestag bezeichnete der sozialpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Stephan Stracke (CSU), die Grünen als „Geisterfahrer“ in der Migrationspolitik. Sie hätten nicht nur im Europäischen Parlament gegen die Reform des EU-Asylrechts gestimmt, sondern auch eine „beispiellose Verzögerungstaktik“ bei der Einführung der Bezahlkarte angewandt.

Andreas Audretsch, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Fraktion, wies diese Vorwürfe zurück. Das Gesetz sei nachgeschärft worden, um das Existenzminimum und die Teilhabe von Menschen zu gewährleisten. SPD, Grüne und FDP hatten sich vergangene Woche darauf geeinigt, dass notwendige Bedürfnisse, die nicht durch die Bezahlkarte gedeckt werden, künftig auch in Form von Bargeld erbracht werden müssen. Audretsch nannte als Beispiel Beiträge für Sportvereine, Schulessen oder Bustickets in den Nachbarort.

Überweisungen ins Ausland künftig nicht mehr möglich

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wies darauf hin, dass mit der Bezahlkarte Überweisungen ins Ausland künftig nicht mehr möglich sind. Es sei dringend erforderlich gewesen, dem menschenverachtenden Modell von Schleppern und Schleusern so zusätzliche Schranken zu setzen.

Die Diakonie appellierte an die Länder und Kommunen, die Bezahlkarten so auszugestalten, dass sie „sinnvoll und diskriminierungsfrei“ genutzt werden können. Der Paritätische Wohlstandsverband hingegen forderte die Länder und Kommunen auf, ganz auf eine Einführung der Bezahlkarte zu verzichten.

Die Bezahlkarte ist eine Geldkarte ohne Kontobindung, über die Flüchtlinge künftig ihre Sozialleistungen ausbezahlt bekommen sollen. Gleichzeitig funktioniert sie als Zahlmittel. Bund und Länder hatten sich im vergangenen November darauf verständigt, eine möglichst bundesweit einheitliche Bezahlkarte einzuführen.

Sie sind der Auffassung, dass finanzielle Anreize für die Flucht nach Deutschland reduziert werden, wenn dadurch die Auszahlung von Bargeld begrenzt und Überweisungen in die Heimat unterbunden werden. An der Höhe der Asylbewerberleistungen, die unterhalb des Bürgergelds liegen, ändert sich dadurch aber nichts. Alleinstehende Flüchtlinge erhalten derzeit 460 Euro im Monat, 413 Euro, wenn sie in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind.

Keine bundesweite Einheitlichkeit

Eine bundesweit tatsächlich einheitliche Bezahlkarte wird es nach aktuellem Stand nicht geben. 14 der 16 Bundesländer wollen ein gemeinsames System, bei dem jedes Land aber Details wie Bargeldbeschränkungen oder eine Beschränkung der Funktion nur auf den Landkreis selbst festlegen kann. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen ein eigenes System.

Die Regelung für die Bezahlkarte wurde nicht als eigenes Gesetz, sondern als Änderungsantrag in den Bundestag eingebracht, wodurch sie schon am Freitag verabschiedet werden konnte.