Berlin (epd). Knapp fünf Monate vor der Landtagswahl in Thüringen haben bundespolitische Themen das Fernsehduell der Spitzenkandidaten Björn Höcke (AfD) und Mario Voigt (CDU) bestimmt. Zu den Themen Europa, Migration und Erinnerungskultur lieferten sich Höcke und Voigt am 11. April bei Welt TV rund 70 Minuten lang heftige Wortgefechte. Die vom Sender als „umstrittenster Schlagabtausch Deutschlands“ beworbene Sendung war geprägt von gegenseitigen Vorwürfen des Populismus und der Unkenntnis.
Teils sprachen das Moderatoren-Duo und beide Politiker gleichzeitig. Welt-TV-Chefmoderatorin Tatjana Ohm und Chefredakteur Jan Philipp Burgard hatten Mühe, konkrete Fragen zu platzieren und dezidierte Antworten zu bekommen. Unter anderem wich Höcke aus, als er auf Äußerungen über Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz (SPD) in einem von ihm verfassten Buch angesprochen wurde. Er reklamierte für sich, dass ihm der Kontext seiner Äußerungen nicht mehr gewärtig und ihm „die Dame“ nicht mehr „auf dem Schirm“ sei. „Man kann ja nicht alle Politiker kennen in dieser Republik“, sagte er.
Debatte am Jahrestag der Buchenwald-Befreiung
Die Thüringer Landespolitik wurde in der ursprünglich auf 45 Minuten angesetzten Sendung nur am Rande gestreift. Auch die aktuellen Vorwürfe russischer Einflussnahme auf deutsche AfD-Politiker wurden nicht thematisiert. Europa, Migration und Erinnerungskultur waren laut Welt TV Voigt und Höcke einige Tage vor der Sendung von der Redaktion als Gesprächsthemen mitgeteilt worden. Gegen Ende der Sendung kam auch der Ukraine-Krieg zur Sprache.
Über das Fernsehduell im privaten Fernsehsender Welt TV, der zum Springer-Konzern gehört, war lange kontrovers diskutiert worden. Der AfD-Landesverband in Thüringen wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft, Parteichef Höcke gilt als zentrale Figur der Extremisten innerhalb der Bundespartei. Umstritten war auch der Termin des Fernsehduells, es fiel auf den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar vor 79 Jahren.
Welt TV: AfD als demokratisch gewählte Partei behandeln
Welt TV begründet seine Entscheidung für das Duell, dem ein Streit zwischen CDU-Landeschef Voigt und Höcke über Aussagen des AfD-Politikers zum Existenzrecht der EU vorausgegangen war, damit, dass der jahrelang in den meisten Medien vorherrschende Ansatz, die AfD weitestgehend nicht zur Sprache kommen zu lassen, angesichts dennoch steigender Umfragewerte als gescheitert betrachtet werden könne. Die AfD müsse als demokratisch gewählte Partei so behandelt werden, wie es das journalistische Handwerk erfordert. Mehrfach verwies das Moderatorenteam Ohm und Burgard auf Faktenchecks im Nachgang zu der Live-Sendung.
In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. Umfragen zufolge könnte die AfD stärkste Kraft werden. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) steht seit 2020 an der Spitze einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung