Auch die Donnersmarck-Stiftung hat es geschafft, ihre Reha- und Betreuungsangebote für Menschen mit Behinderung voll, wenn auch eingeschränkt, weiterlaufen zu lassen. Dazu waren durch die Schutzmaßnahmen deutliche Einschränkungen für die betreuten Menschen verbunden. All das sei nur möglich gewesen durch „intensive interne Kommunikation“. Das sei eine „wichtige Aufgaben für uns und andere Träger der Behindertenhilfe, die auch in Zukunft unsere Arbeit prägen werden“, so die Experten.
epd sozial: Durch die Pandemie kamen auch viele Angebote der Sozialträger zum Erliegen oder wurden stark eingeschränkt. Hat das Virus Ihre Arbeit auch für die Zukunft grundlegend verändert?
Christian Kägel: Zunächst möchte ich sagen, dass unsere Rehabilitations- und Betreuungsangebote sind auch während der Corona-Pandemie voll weitergelaufen, wenn auch unter erhöhten Schutzmaßnahmen und mit deutlichen Einschränkungen für die betreuten Menschen. Wir betreiben vor allem unterschiedliche Rehabilitationsangebote von der post-akuten Neurorehabilitation bis hin zu ambulanten Wohnmöglichkeiten. Dazu kommen zwei barrierefreie Hotels und ein inklusiver Begegnungsort für Menschen mit und ohne Behinderung. Die Pandemie hat uns an einigen Stellen deutliche Handlungsbedarfe vor Augen geführt: Die Digitalisierung wird auch in der Betreuung und Pflege von Menschen mit Behinderung eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Und zu sehen war auch, dass der Fachkräftemangel in den sozialen Berufen sich in den letzten Monaten nochmals verschärft hat. Und: in der Krise war eine intensive interne Kommunikation nötig. Hier sehe ich wichtige Aufgaben für uns und andere Träger der Behindertenhilfe, die auch in Zukunft unsere Arbeit prägen werden.
Sebastian Weinert: Insbesondere im ambulanten Sektor wurde noch eine weitere Aufgabe sehr deutlich: Die Sozialraumorientierung wird in der Behindertenhilfe leider immer noch stark institutionell gedacht - Sozialraumvernetzung bedeutet Vernetzung zwischen Institutionen. Wenn, wie es während der Pandemie der Fall war, das institutionelle Netzwerk aus äußeren Gründen wegbricht, weil etwa Werkstätten schließen müssen, dann reißt auch das soziale Netz der Klientinnen und Klienten. Hier gilt es noch genauer hinzuschauen und individuelle, soziale Netze aufzubauen, die dann auch Krisen wie die Corona-Pandemie überstehen können. Das hat bei einigen Klientinnen und Klienten sehr gut geklappt, aber hier haben wir auch noch Arbeit vor uns.
epd: Klienten können wieder betreut, begleitet und beraten werden. Doch sind finanzielle Löcher entstanden, die sich meist nicht schließen lassen. Wie ist Ihre heutige wirtschaftliche Situation?
Kägel: Die Finanzierung der Fürst Donnersmarck-Stiftung basiert vor allem auf der Leistungserbringung in der Eingliederungshilfe und Rehabilitations- sowie den Pflegeleistungen sowie Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung von Immobilien. Aus diesem Grund haben wir eine sehr solide Finanzierungsgrundlage und konnten die wirtschaftlichen Einschränkungen besser kompensieren als andere Organisationen. Nichtsdestotrotz bedeutete die Corona-Pandemie auch für uns erhebliche Mindereinnahmen auf der einen Seite sowie Mehrausgaben auf der anderen Seite, die auch negative Auswirkungen auf unser wirtschaftliches Ergebnis hatten.
epd: Viele Sozialträger richten sich neu aus, etwa bei der Digitalisierung. Welche Wünsche oder Forderungen haben Sie an die Politik, wenn es darum geht, auch in Zukunft krisensicher arbeiten zu können?
Weinert: Aus unserer Sicht sind drei Punkte wesentlich: Erstens müssen wir Lehren aus der Pandemie ziehen und uns auf vergleichbare Situationen vorbereiten. Probleme wie die mangelhafte Versorgung sozialer Einrichtungen mit Persönlicher Schutzausrüstung zu Beginn der Pandemie dürfen nicht noch einmal vorkommen. Hier müssen wir für die Zukunft vorsorgen. Zweitens sind durch die Pandemie viele Prozesse wie etwa die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes ins Stocken gekommen. Hier müssen wir schauen, dass wir zügig die verlorengegangene Zeit aufholen. Drittens hat die Pandemie eindrücklich gezeigt, dass soziale Berufe uneingeschränkt systemrelevant sind und welchen wesentlichen Beitrag sie für eine gelingende Gesellschaft leisten. Gleichzeitig sind gerade die sozialen Berufe von einem zunehmenden Fachkräftemangel betroffen, der sich innerhalb der nächsten zehn Jahre, insbesondere durch weitere Ruhestandseintritte, nochmals verschärfen wird.
Die Attraktivität sozialer Berufe muss also gefördert werden - und das geht nur durch eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung, die politisch unterstützt werden muss.