Brandenburg/Havel (epd). Vor 1.075 Jahren wurde auf der heutigen Dominsel von Brandenburg an der Havel das Bistum Brandenburg gegründet. Gut 200 Jahre später begann dort der Bau des Doms, der „Mutterkirche der Mark“. Das denkmalgeschützte Ensemble auf der Dominsel wurde in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend saniert. In diesem Jahr soll dort das letzte große Bauprojekt beginnen. Sobald die Förderzusagen dafür vorliegen, „geht es los“, sagte Domkurator Cord-Georg Hasselmann dem Evangelischen Pressedienst (epd).

epd: Wie geht es dem Brandenburger Dom?

Hasselmann: Dem Dom als Bauwerk geht es wirklich gut. Wir haben durch die Sanierung in den 90er Jahren ein starkes Fundament bekommen. Man sieht zwar hier und da immer mal wieder Risse. Das Fundament und der Boden arbeiten. Es gibt also immer etwas zu tun. Aber im Vergleich dazu, wie es vor 30 Jahren war oder vor 60 Jahren oder vor 190 Jahren, als Schinkel hier war, kann man das alles im normalen Betrieb gut hinkriegen.

epd: Was sind aktuell für Arbeiten nötig?

Hasselmann: Die Erneuerung der Fenster beispielsweise, Reparaturen von Rissen, neue Lampen, neue Stühle und dergleichen. Das, was man immer so hat. Wir haben aber noch ein anderes riesengroßes Bauvorhaben vor uns, die Sanierung der Spiegelburg und der Ostklausur, die im Mittelalter erbaut wurden und noch nicht saniert sind. Das ist das letzte große Bauvorhaben auf dem Burghof.

epd: Was sind das für Bauwerke?

Hasselmann: Die Spiegelburg ist auf der Dominsel das zweitälteste Bauwerk nach dem Dom und war im Mittelalter wahrscheinlich der Sitz des Bischofs. Die Ostklausur war Teil des Klosters der Prämonstratenser.

epd: Was kommt mit dem Vorhaben auf Sie zu?

Hasselmann: Wir haben feste Förderzusagen vom Land Brandenburg sowie der Landeskirche und wir hoffen auf eine Zusage auch vom Bund. Die Planungen für Spiegelburg und Ostklausur sind abgeschlossen. Wir werden den Bauantrag einreichen, wenn die Förderzusagen vorliegen. Und dann geht es los. Für die Spiegelburg werden wir zwei, drei Jahre brauchen. Dafür brauchen wir etwa acht Millionen Euro, für die Ostklausur zehn bis zwölf Millionen Euro, je nachdem, wann wir anfangen können. Je später, desto teurer wird es.

epd: Wann soll es losgehen?

Hasselmann: Wenn alles gut läuft, mit der Spiegelburg noch in diesem Jahr.

epd: Wofür wollen Sie die Bauwerke nutzen, wenn die Sanierung abgeschlossen ist?

Hasselmann: Die Spiegelburg soll das Haus des Domstiftsarchivs werden. Die Ostklausur wird das Museum beherbergen. Dort wird es einen Raum für die Museumspädagogik geben und wir werden zum ersten Mal überhaupt eine Dauerausstellung haben.

epd: Was wollen Sie dort vermitteln?

Hasselmann: Wir wollen den Ort und seine Geschichte vorstellen. Unter dem Hauptthema „Kirche und Staat“ sollen etwa Fragen zu Kirche und Macht, Frömmigkeit und Alltag behandelt werden. Das lässt sich an diesem Ort wunderbar zeigen, weil hier die Auseinandersetzung zwischen weltlicher und geistlicher Macht über die gesamte Domgeschichte hinweg eine wesentliche Rolle gespielt hat. Zwischen Bischof und Kurfürst etwa bis hinein in die DDR-Zeit und Bischof Albrecht Schönherr. Wir haben hier wirklich etwas zu zeigen.

epd: Was wollen Sie in der Dauerausstellung präsentieren?

Hasselmann: Es ist jetzt noch viel zu früh, das im Einzelnen festzulegen. Aber die Bestände im Archiv, in der Bibliothek und in unserem Paramentenschatz enthalten so viele einzigartige und für das Domstift sowie die Stadt und das Land aufschlussreiche Exponate, dass die Herausforderung eher in der richtigen Auswahl liegen wird. Das Spektrum der Exponate reicht, um einige Beispiele zu nennen, von der Gründungsurkunde des Bistums im Jahr 948, unterzeichnet von König Otto I., über Flugblätter von Mitgliedern der vom preußischen König zeitweilig in den Brandenburger Dom ausgelagerten Nationalversammlung bis hin zu Bauskizzen über eine Ersetzung des Hexagramms an der Westfront des Doms durch ein Hakenkreuz. Glücklicherweise wurden diese Pläne nie realisiert.

epd: Und wie geht es dem Domstift, das die Arbeit am Dom verantwortet?

Hasselmann: Die inhaltliche Arbeit läuft sehr gut, ist vielseitig und stößt auf positive Resonanz. Wirtschaftlich stehen wir jedoch weiterhin vor großen Herausforderungen. Obwohl wir eine Einrichtung der evangelischen Kirche sind, erhalten wir keinen Anteil am Kirchensteueraufkommen, sondern nur punktuelle Unterstützung seitens der Landeskirche für einzelne Vorhaben. Es fehlt an einer institutionellen Förderung seitens der Kirche. Und das, obwohl die Bedeutung des Doms wie des Domstifts für die Kirche unbestritten ist. Die Gründe hierfür liegen zum Teil in der Finanzverfassung der Kirche. Demgegenüber fördert uns das Land Brandenburg mit Mitteln aus dem Staatskirchenvertrag wegen der Rolle, die der Dom, die „Wiege der Mark“, über Jahrhunderte für das Land Brandenburg gespielt hat und weiterhin spielt. Im Ergebnis sind wir vor allem darauf angewiesen, dass wir unseren gemeinnützigen Betrieb, also etwa Konzerte, Ausstellungen, den Erhalt des Doms und der anderen Gebäude, das Archiv und die Textilrestaurierungswerkstatt, mit Überschüssen aus anderen Bereichen und mit Drittmitteln finanzieren.

epd: Wie machen Sie das?

Hasselmann: Im Wesentlichen durch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, dazu gehört etwa die Landwirtschaft. Haupteinkommensquelle ist daneben unser rund 3.000 Hektar großer Forst Seelensdorf. Aber die Holzpreise sind mal gut, mal schlecht. Und wir spüren den Klimawandel massiv. Das Grundwasser ist erheblich gesunken, die Bäume stehen im Trockenen und werden anfällig für Schädlinge. Es gibt mehr Waldbrände und mehr Stürme. Das sind alles Faktoren, die die Forstwirtschaft erheblich erschweren. Wir machen gerade eine Bestandsaufnahme des Waldes und werden auf der Grundlage eine Forststrategie entwickeln. Das ist eine große Verantwortung. Ohne den Wald und die Mittel aus dem Staatskirchenvertrag müssten wir den Betrieb hier am Dom schließen.

epd: Ist schon abzusehen, wie Sie den Wald entwickeln wollen?

Hasselmann: Wir warten die Ergebnisse der Inventur ab. Klar ist aber, dass wir weg von einer weitgehenden Monokultur in Richtung eines Mischwaldes kommen müssen. Das ist ein jahrzehntelanger Prozess. Natürlich befassen wir uns auch mit der Frage, ob es möglich ist, erneuerbare Energien zu erzeugen.

epd: Was haben Sie mit Blick auf erneuerbare Energien vor?

Hasselmann: Wir verfolgen unterschiedliche Ansätze auf den forstwirtschaftlichen und den landwirtschaftlichen Flächen. Im Forstbereich kommen in erster Linie Windkraftanlagen in Betracht. Das setzt aber voraus, dass die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen so sind, dass man überhaupt einen Windpark bauen darf. Das ist allen Ansagen der Bundespolitik zum Trotz bei der Kommunal- und Landespolitik noch nicht so umgesetzt worden, dass man in dem erforderlichen Tempo loslegen kann.

epd: Was fehlt Ihnen da?

Hasselmann: Konsequenz. Wenn man erneuerbare Energien fördern will, muss man das eben auch bis zum letzten Umsetzungsschritt zulassen. Die zuständigen Stellen müssen dringend für Windkraftanlagen geeignete Räume ausweisen. Solange das nicht geschieht, passiert nichts. Und es gibt einen strukturellen Konflikt zwischen Klimaschutz und Artenschutz, der nur politisch aufgelöst werden kann und muss.

epd: Was ist für Sie Hauptaufgabe des Domstifts, dessen Arbeit Sie so finanzieren?

Hasselmann: Wir versuchen, einen kleinen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Wir sind ein geistlicher, ein kultureller Ort, ein Ort der Bildung. Und wir sind neben dem Landeshauptarchiv das Gedächtnis des Bundeslandes Brandenburg. Es geht um Bewahrung, Erforschung, Präsentation und Vermittlung des großen und großartigen Erbes, das wir übergeben bekommen haben.