Berlin, Washington (epd). Mit scharfer Kritik hat die Bundesregierung auf die Entscheidung der USA reagiert, inmitten der Corona-Pandemie die Beziehungen zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu beenden. Das sei "das falsche Signal zur falschen Zeit", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) am 30. Mai den Zeitungen der Funke Mediengruppe (online). "Die Corona-Pandemie ist die erste wirklich weltumspannende Krise unseres Jahrhunderts. Um diese Herausforderung zu bewältigen, brauchen wir weltweite Kooperation statt nationaler Alleingänge", sagte Maas.
Der SPD-Politiker kündigte intensive Gespräche in Washington an, um die US-Regierung von diesem Ansatz überzeugen. Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bezeichnete die von US-Präsident Donald Trump verkündete Entscheidung als "das falsche Signal im weltweiten Kampf gegen Corona". Nach dem Rückzug der USA müsse sich Europa stärker im globalen Gesundheitsbereich engagieren und auch die finanziellen Mittel dafür bereitstellen. Leider sei der Corona-Schutzschirm der EU aber bislang nur nach innen gerichtet.
US-Präsident Trump hatte am 29. Mai laut dem Sender CNN in Washington erklärt, die WHO habe die von ihm angemahnten Reformen nicht eingeleitet. Er warf der WHO mit Sitz in Genf vor, zusammen mit China die Welt über den Corona-Ausbruch getäuscht zu haben. China habe die WHO unter Druck gesetzt.
Die USA wollten nun die Gelder anderen Institutionen zur Verfügung stellen, betonte Trump. Die USA waren bislang der größte Beitragszahler unter den 194 WHO-Mitgliedsländern. Die USA sind das am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene Land. Kritiker werfen Trump vor, mit dem Konfrontationskurs gegen die WHO und China von eigenen Fehlern während des Corona-Ausbruchs ablenken zu wollen.
Keine Stellungnahme von der WHO
Von der WHO gab es zunächst keine Stellungnahme zu der US-Ankündigung. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus hatte in den vergangenen Wochen mehrfach betont, er habe die Welt rechtzeitig und eindringlich vor dem Corona-Erreger gewarnt.
Im April hatte Trump bereits einen Stopp der US-Zahlungen an die 1948 gegründete Weltgesundheitsorganisation angeordnet. Die USA bestreiten laut WHO 553 Millionen Dollar für den Haushalt 2020/2021 in Höhe von 4,8 Milliarden Dollar.
Rund 80 Prozent der Beiträge an die WHO sind freiwillig und in der Regel an Projekte gebunden. WHO-Generaldirektor Tedros betont, dass deshalb die Hände der Organisation oft gebunden seien.
Als Reaktion auf die angespannte Finanzlage will die WHO mit einer neu gegründeten Stiftung zusätzliche Geldquellen erschließen. Die WHO müsse in ihrem Kampf gegen die Corona-Pandemie und andere gesundheitliche Krisen besser finanziell ausgerüstet werden, erklärte der WHO-Generaldirektor.
Der frühere Direktor des Schweizer Bundesamts für Gesundheit, Thomas Zeltner, gründete die "Weltgesundheitsorganisation Stiftung" und übernahm den Posten des Vorstandsvorsitzenden. Die juristisch von der WHO unabhängige Stiftung soll Gelder bei Privatpersonen, Unternehmen, Institutionen und anderen "nicht traditionellen" Gebern einsammeln, wie es hieß.
Die Idee für eine Stiftung stamme von einem seiner Mitarbeiter und sei mehr als zwei Jahre alt, erklärte Tedros. Die WHO spielt eine führende Rolle im internationalen Kampf gegen Infektionskrankheiten wie Malaria und nicht übertragbare Leiden wie Krebs.