Frankfurt a.M. (epd). F.W. Bernstein liebte Molche, Elche und Engel und ließ sich zu den verrücktesten Reimen anregen. Er mochte Buchstabendreher wie bei "Erch und Flosch" und betätigte sich gerne als "Abtzeichner". Sein berühmter Zweizeiler "Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche", der Hans Traxler zum Entwurf für das Wappentier der Frankfurter Satiriker inspirierte, "gehört zur kulturellen Folklore", wie Bernstein es selbst formulierte. "Das soll mir erst mal einer nachmachen!". Am 20. Dezember starb der Humorist und Karikaturist nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren.
Als Fritz Weigle wird er am 4. März 1938 in Göppingen geboren. Nach dem Abitur studiert er Kunst in Stuttgart und Berlin, wo er auch Robert Gernhardt kennenlernt. In dieser Zeit legt er sich das Pseudonym F. W. Bernstein zu, "um meinem unverständlichen schwäbischen Namen zu entgehen". 1964 heuert er zusammen mit Gernhardt in Frankfurt am Main bei der satirischen Monatszeitschrift "Pardon" an und versorgt später das Nachfolgeblatt "Titanic" regelmäßig mit Versen und Zeichnungen.
Bürgerliche Laufbahn
Daneben schlägt er eine bürgerliche Laufbahn ein: 1966 tritt er in Frankfurt in den Schuldienst ein, 1972 wird er Kunsterzieher an der Pädagogischen Hochschule in Göttingen. Dort legt vor allem Wert auf die Vermittlung der Grundlagen des Zeichnens: Architektur, Figuren, Proportionen.
"Bevor man deformiert, sollte man die realistische Darstellung beherrschen, sonst landet man unweigerlich in einer Sackgasse", ist Bernstein überzeugt. 1984 wird er auf die weltweit erste Professur für Karikatur und Bildgeschichte an der Berliner Hochschule der Künste berufen, die er bis zu seinem Ruhestand 1999 innehat.
Seine Schüler hängen ihm Girlanden des Respekts und der Bewunderung um: "Er ist ein schöner Elchundselberwelch", lobte etwa Wiglaf Droste. "Er ist ein Molchundselbersolch, ein Spieler, dem sich die Sprache hingibt, der sie aber, und das macht ihn einzig, nicht immerzu gefällig und fügsam haben will, sondern brüchig, sperrig und voller Überraschungen."
"Von der Feder in die Ferne"
Und der frühere "Titanic"-Chef Oliver Maria Schmitt hob hervor: F. W. Bernstein sei kein politischer Künstler, sondern ein Flaneur und Weltergründer, "der sich von seinem Strich entführen, von der Feder in die Ferne tragen lässt."
Bernstein nahm die Schwächen seiner Mitmenschen aufs Korn, schaffte Kontraste zu historischen Figuren und spürte dem Allzumenschlichen in der Tierwelt hinterher. Am liebsten porträtierte er sich selbst, immer augenzwinkernd, mal mit Tube, Taube oder Stromzähler, mal aus einem Ei schlüpfend, mal in fröhlicher Runde mit seinen Künstlerkollegen.
Und er experimentierte gerne mit Buntstift, Kreide, Pinsel und Zeichenunterlagen. So stellte er zum Beispiel Bast-Badematten her und benutzte für seine gezeichneten Postkarten grob gerastertes Briefpapier aus der ehemaligen DDR.
Kauziger Humor
Bernstein war Autor zahlreicher Gedichte, Lach- und Zeichenbücher. 1966 veröffentlichte er mit Gernhardt und Waechter "Die Wahrheit über Arnold Hau", es folgten die Gedichtbücher "Reimwärts" (1981) und "Reimweh" (1994), "Die Superfusseldüse. 19 Dramen im unordentlichen Zustand" (1994), "Richard Wagners Fahrt ins Glück" (2002) und der Gedichtband "Luscht und Geischt" (2007).
Im vergangenen Jahr legte der Mann mit dem weißen Haarschopf und dem gepflegten Schnauzbart den Band "Frische Gedichte" vor - ein weiterer Beleg für seinen kauzigen Humor und seinen unerschütterlichen Zukunftsglauben. Verse wie "Der Untergang des Abendlandes? Grad war's noch da - und dann verschwand es" verführen zum befreienden Lachen.
Zahlreiche bedeutende Preise
Mehr als 3.000 Zeichnungen von F. W. Bernstein befinden sich in der Sammlung des Caricatura-Museums Frankfurt. Gezeigt werden Bernsteins Bilder in seinem Kabinett in der Dauerausstellung "Die Zeichner der Neuen Frankfurter Schule".
Für sein Werk hat er zahlreiche bedeutende Preise erhalten, etwa 2003 den "Göttinger Elch", 2008 den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor, 2011 den Deutschen Karikaturenpreis und im Frühjahr dieses Jahres den Ludwig-Emil-Grimm-Preis der Stadt Hanau.