Im kostenfreien Online-Lexikon Wikipedia dürfen nicht einfach eingescannte Fotos von Kunstwerken mit abgelaufenem Urheberrechtsschutz veröffentlicht werden. Dies verletze den sogenannten Lichtbildschutz, den der Fotograf für sein Foto beanspruchen kann, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 20. Dezember. (AZ: I ZR 104/17)

Wikimedia Deutschland, Betreiber von Wikipedia, kritisierte das Urteil: Man sehe in der Klage ein sehr problematisches Verständnis des öffentlichen Auftrags staatlich-geförderter Kulturinstitutionen, teilte der Verein in Berlin mit.

Geklagt hatte die Stadt Mannheim als Betreiberin des Reiss-Engelhorn-Museums. Ein aktiver Wikipedia-Nutzer hatte mehrere Fotos von Kunstwerken aus einem Ausstellungskatalog des Museums eingescannt und in das Wikipedia-Medienarchiv "Wikimedia Commons" hochgeladen. Die Kunstwerke waren gemeinfrei - es bestand damit kein Urheberrechtsschutz mehr. Das Museum hielt dies für rechtswidrig, auch wenn der Urheberschutz an den Gemälden selbst abgelaufen sei.

Lichtbildschutz

Laut BGH-Urteil dürfen eingescannte Fotografien auch von gemeinfreien Kunstwerken nicht einfach veröffentlicht werden. Dies verletze den Lichtbildschutz. Denn der Fotograf habe bei der Anfertigung des Fotos eine "persönliche geistige Leistung" erbracht, die schützenswert sei. Er habe sich Gedanken über die Belichtung, den Standort oder auch den Ausschnitt der Aufnahme gemacht.

Das Urteil sei ein Rückschlag für die Rechte der Allgemeinheit am gemeinsamen Kulturerbe, kritisierte Wikimedia Deutschland die Entscheidung. "Museen sollten alles daran setzen, Kunst und Kultur der vergangenen Jahrhunderte so leicht zugänglich zu machen wie möglich." Dazu gehöre selbstverständlich, dass diese Werke bei Wikipedia zu sehen sein müssten. "Wenn Museen das rechtlich unterbinden, versagen sie in ihrem gesellschaftlichen Auftrag", erklärte John Weitzmann, Leiter Politik und Recht bei Wikimedia Deutschland.

Benutzungsordnung

Auch von dem Nutzer selbst angefertigte Fotos der Kunstwerke durften nicht ohne Erlaubnis des Museums auf Wikimedia veröffentlicht werden, erklärte der BGH. Dies habe gegen die Benutzungsordnung des Museums verstoßen. Der Museumsbetreiber könne damit Schadenersatz verlangen.

Museumsdirektor Alfried Wieczorek wurde auf Wikipedia mit den Worten zitiert, man habe nichts gegen das Online-Lexikon, wolle aber selbst entscheiden, für welche Fälle die Freigabe in Wikipedia erteilt werde. Der Wikipedia-Nutzer habe sich zudem über ein geltendes Fotografierverbot im Museum hinweggesetzt.

Wikimedia Deutschland ist nach eigenen Angaben ein gemeinnütziger Verein mit rund 65.000 Mitgliedern. Seit der Gründung im Jahr 2004 unterstützt er verschiedene Wikimedia-Projekte - wie zum Beispiel Wikipedia. Der Verein setzt sich für den kostenlosen Zugang zu freiem Wissen ein.