Bielefeld (epd). Die Theologin Margot Käßmann ruft dazu auf, Armut stärker in den Blick zu nehmen. Es störe sie, dass das Thema Migration vermeintlich das einzige Thema sei, sagte Käßmann der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (24. Dezember). "Die Pflege, der Zustand der Schulen und die Frage, wie Menschen mit einem ganz geringen Lohn zurechtkommen, sind mindestens ebenso wichtig", sagte die ehemalige hannoversche Landesbischöfin und frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Es gebe noch andere Fragen, die die Menschen sehr bewegten. "So müssen wir bei der Armut mehr hinschauen", sagte Käßmann. Die Proteste in Frankreich zeigten was sich entwickeln könne, wenn das ignoriert werde.
Die Theologin warb zudem für Toleranz und ein friedliches Miteinander. "Es sind nicht nur Muslime, Juden oder Schwule, denen derzeit Ignoranz und Intoleranz entgegenschlägt", sagte Käßmann und wies auf Gewalt in der Familie hin. Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums wurden im vergangenen Jahr 147 Frauen von ihren Partnern getötet. Das sei ein Thema, das in der öffentlichen Debatte nicht stattfinde, beklagte die Theologin im Ruhestand, die bis zum vergangenen Jahr Botschafterin für das 500. Reformationsjubiläum der Evangelischen Kirche in Deutschland war.