Frankfurt a.M. (epd). Die Otto-und-Anna-Herold-Altersheimstiftung im unterfränkischen Karlstadt muss immer wieder auf Personalengpässe reagieren. "Das tun wir, indem wir kurzfristig die Wochenstunden von Teilzeitmitarbeitern erhöhen", erläutert die Leiterin der Einrichtung, Elfriede Roth. "Bei Stellenausschreibungen mit Schicht- und Wochenenddienst kommen meist gar keine Bewerbungen mehr herein", sagt Roth.
Uwe Berndt, Einrichtungsleiter des Marie-Juchacz-Zentrums der Arbeiterwohlfahrt in Köln, kennt das Problem. Er versucht, über Zeitarbeitsfirmen personelle Engpässe zu kompensieren. "Die Suche nach geeigneten Pflegekräften auf dem freien Markt ist inzwischen fast aussichtslos." Nur durch "sehr teure" Werbemaßnahmen gelinge es, neue Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden.
Nach einer repräsentativen Befragung von Heim- und Pflegeleitungen durch das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung können derzeit in den rund 13.500 Pflegeheimen 17.000 offene Stellen nicht besetzt werden. In der ambulanten Altenpflege sind weitere 21.000 Stellen nicht besetzt. Der Studie zufolge müssen 22 Prozent der Einrichtungen deshalb zeitweilig Aufnahmestopps verhängen. Mehr als 80 Prozent der Anfragen für die Aufnahme in ein Heim oder für eine Kurzzeitpflege müssen zunächst abgelehnt werden. 71 Prozent der Heime führen Wartelisten.
14 Bewohner - eine Pflegekraft
"Wir brauchen eine am tatsächlichen Bedarf orientierte Personalbesetzung. Das heißt: Wir brauchen mehr Personal", erklärt Berndt. Außerdem müssten Pflegekräfte besser bezahlt werden, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen.
Auch Kathrin Nachtigall, die das Pflegestift Görlitz-Rauschwalde der "Dienste für Menschen Sachsen gGmbH" leitet, fordert bessere Personalschlüssel. "Bei uns werden derzeit 14 Bewohner von einer Pflegekraft versorgt", berichtet die Pflegemanagerin. Nachts kümmere sich lediglich eine Fachkraft um 43 Bewohner. "So gepflegt zu werden, haben die alten Menschen nicht verdient."
Dass es immer schwieriger wird, Pflegepersonal zu finden, das den hohen physischen und psychischen Anforderungen in der Pflege gewachsen ist, bestätigt Jörg Nagel von der Diakonie Leipzig. Er ist Mitarbeitervertreter in mehreren Altenpflegeeinrichtungen und Sozialstationen. Die Personaldecke sei so dünn, dass kurzfristige Ausfälle kaum noch kompensiert werden könnten: "Was früher die Mindestbesetzung war, ist heute normal."
Prämie von 500 Euro
"Wir hier kommen noch relativ gut über die Runden", meint dagegen Johannes Amrhein, der das St. Thekla-Heim des Caritasverbands in Würzburg leitet. Caritas-Heime profitieren nach seiner Aussage personell noch immer davon, dass der katholische Wohlfahrtsverband einen guten Ruf hat. Aber auch die Caritas muss sich immer mehr anstrengen, um Personal zu gewinnen. Der Würzburger Diözesanverband schuf deshalb eine eigene Stelle für Personalmarketing, von der alle Häuser im Bistum profitieren sollen. Zum Jahresbeginn wurde außerdem eine Vermittlungsprämie eingeführt: Pflegekräfte, die neue Mitarbeiter werben, erhalten bei einer erfolgreichen Vermittlung 500 Euro. Dreimal wurde die Prämie in St. Thekla bisher ausgezahlt.
Im "Haus Lehmgruben", einer Senioreneinrichtung der Rummelsberger Diakonie im unterfränkischen Marktheidenfeld, ist die Personalknappheit laut Heimleiterin Andrea Keller "extrem stark spürbar". Im Juni soll eine neue Wohngruppe für Senioren mit Pflegegrad 1 und 2 eröffnet werden: "Ich habe zu kämpfen, dass ich die Gruppe mit den nötigen Fachkräften besetzen kann." Die Wohngruppe sei bereits zur Hälfte belegt, aus personellen Gründen sei es jedoch fraglich, ob sie rechtzeitig an den Start gehen kann.
Weil sie in der Region niemanden findet, greift Keller auf Pflegekräfte aus dem Ausland zurück. Eine serbische und eine litauische Kraft fand sie inzwischen. Beide beherrschen die deutsche Sprache: "Das ist bei uns Voraussetzung, denn viele unserer Bewohner sprechen Dialekt."