Hannover/Bonn (epd). Die Kirchen in Deutschland haben vor Tendenzen der Ausgrenzung und Abschottung in der Gesellschaft gewarnt. "Ablehnung von Fremden, anderen Meinungen, von Angehörigen jüdischer und islamischer Gemeinden oder von anderen Lebensentwürfen äußert sich viel zu oft in gewalttätigen, menschenfeindlichen Übergriffen", heißt es in einem am 8. Mai verbreiteten Gemeinsamen Wort der Kirchen zur 43. Interkulturellen Woche vom 23. bis 29. September 2018. Darin rufen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sowie der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos, zum Zusammenhalt in der Gesellschaft auf.
Die Kirchen werben zudem für eine humane und verantwortungsvolle Lösung beim Familiennachzug. Menschen, die Schutz suchen, dürften nicht dauerhaft von ihren engsten Angehörigen getrennt werden. Außerdem müsse ein kritischer Blick auf die großen Aufnahmeeinrichtungen gelenkt werden, in denen neu ankommende Flüchtlinge künftig getrennt von der Außenwelt untergebracht werden sollen. Integration werde so erschwert, hieß es. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus wurde am 9. Mai vom Bundeskabinett beschlossen.
"Vielfalt ist Alltag"
Die Staaten Europas müssten Fragen der Migration menschengerecht gestalten, erklärten die drei Bischöfe: "Wenn wir uns daran gewöhnen, dass tagtäglich schutzsuchende Menschen an den Außengrenzen ihr Leben verlieren, drohen unsere Grundwerte bedeutungslos zu werden. Seenotrettung darf daher nicht kriminalisiert werden. Sie stellt eine völkerrechtliche und humanitäre Verpflichtung dar."
"Vielfalt ist Alltag in unserem Land", heißt es in dem Gemeinsamen Wort weiter. Vielfalt könne allerdings auch eine Herausforderung für das Zusammenleben und den Zusammenhalt in einem Gemeinwesen darstellen: "Wir leben in Zeiten, in denen die Fundamente unseres Zusammenlebens infrage gestellt werden. Zivilisatorische Errungenschaften, wie das friedliche Miteinander in einem geeinten demokratischen Europa, sogar die universelle Geltung der Menschenrechte, scheinen an Gewicht zu verlieren. Rechtspopulistische, ja rassistische Strömungen gewinnen an Zulauf."
Auch unter Christen gebe es Tendenzen der Ausgrenzung und Abschottung, räumen die Bischöfe ein: "Dabei gehört Vielfalt konstitutiv zum Wesen der Kirche. Der Glaube verbindet Menschen über Ländergrenzen, Sprachen und Kulturen hinweg. In der Nachfolge Jesu verlieren Unterschiede ihre trennende Macht", betonen Kardinal Marx, der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm und Metropolit Augoustinos.
Die 43. Interkulturelle Woche steht unter dem Leitthema "Vielfalt verbindet". Geplant sind mehr als 5.000 Veranstaltungen an über 500 Orten im gesamten Bundesgebiet.