Welche Rolle spielen Kirche und Religion in unserem Staat? Die Diskussion mit den Vertretern der Bundestagsparteien wäre ohne den kirchenpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz, sicherlich ohne große Spannungen verlaufen. Doch die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen den AfD-Politiker hielten auch während des Podiums massiv und lautstark an. Letztlich ging es bei der Diskussion aber vor allem um eine Frage: Wie geht man mit der AfD um?

Die religionspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Christine Buchholz, attackierte Münz direkt. Sie warnte vor einer "Normalisierung der Positionen der AfD". Münz wies die Kritik energisch zurück, wollte sich nicht in die Nähe des Nationalsozialismus bringen lassen. Doch während die anderen Politiker vor allem ihre persönliche Beziehung zum Christentum, Glauben und zu den Kirchen schilderten, transportierte Münz an vielen Stellen die Politik seiner Partei.

Mit Blick auf die Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge sagte Münz, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "Schuld auf sich geladen". Aber vor allem die Kirchen bekamen ihr Fett weg. Diese agierten oft wie eine Art politischer Partei, dies sei nicht in Ordnung, sagte Münz.

Zwischenrufe und Demo

Zugleich betonte der AfD-Bundestagsabegeordnete, er wolle "Brücken bauen" und auch mit anderen politischen Anschauungen im Gespräch bleiben. Die Diskussion vor rund 1.000 Katholikentags-Besuchern wurde immer wieder durch Zwischenrufe unterbrochen. Am Anfang mussten Sicherheitskräfte und Einsatzkräfte der Polizei Störer zur Ruhe bringen. in Münster demonstrierten rund 1.000 Menschen gegen den Auftritt der AfD.

Münz äußerte Verständnis für AfD-Parteimitglieder, die aus der Kirche austreten wollten. Sie wollten sich "nicht bieten lassen, ständig von Kirchenvertretern beschimpft zu werden, fügte Münz hinzu. Er empfinde es auch als diskriminierend, dass kirchliche Einrichtungen davor gewarnt haben, Spenden der AfD anzunehmen. Der christliche Glaube sei ihm wichtig, bekräftigte Münz. Er richte sein Leben nach den biblischen Geboten aus. Und der christliche Glaube sei die Grundlage der westlichen Rechtsordnung und Kultur. Daher wolle er auch nicht aus der Kirche austreten, "sondern auftreten". Münz: "Ich möchte, dass Deutschland christlich geprägt bleibt."

Unter dem Motto "Nun sag', wie hast du's mit der Religion?" diskutierten neben Münz und Buchholz auf dem Podium Karlheinz Busen, Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion, die Sprecherin des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD, Kerstin Griese, der Vorsitzende des Kardinal-Höffner-Kreises in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Hirte sowie Bettina Jarasch, religionspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.

"Kontroverse Themen auf den Tisch"

Die Religionsexperten von SPD, Union, FDP und Linken erklärten, sie würden die Rolle der Kirchen im Staat grundsätzlich unterstützen. Zugleich betonten die meisten, ihr christlicher Glaube sei die Grundlage für ihre politische Arbeit. Allerdings, sagte die SPD-Politikerin Griese, gehe "das Christentum weiter als die Politik." Die Linken-Politikerin Buchholz fügte hinzu, ihre Partei sei "keine religiöse, aber auch keine antireligiöse Partei". Und der FDP-Politiker Busen meine lapidar: "Wir sind voll im Reinen mit der Kirche."

Innerhalb der Kirchen gibt es eine Diskussion über den Umgang mit der AfD und mit AfD-Mitgliedern in Gemeinden und kirchlichen Gremien. Auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin hatte der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge und die damalige Sprecherin der Vereinigung "Christen in der AfD", Anette Schultner, diskutiert. Schultner ist inzwischen aus der AfD ausgetreten.

Das religionspolitische Podium passte letztlich in die Tradition der Katholikentage und evangelischen Kirchentage. Dort gehören Meinungsvielfalt, Austausch und Streit schon Jahrzehnten fest zum Programm. "Beim Katholikentag ist es gute Tradition, dass kontroverse Themen auf den Tisch kommen", erklärte Thomas Sternberg, Vorsitzender der Katholikentagsleitung. Und der Präsident des Deutschen Kirchentages 2019 in Dortmund, der Journalist Hans Leyendecker, kündigte bereits ein "hochpolitisches" Protestantentreffen in der Ruhrmetropole an.