Münster (epd). Iran-Krise, Terrorismus oder neuer Nationalismus - die Welt wird offenbar nicht nur gefühlt unberechenbarer und unsicherer: Mit seinem Leitwort "Suche Frieden" war der 101. Deutsche Katholikentag so aktuell wie selten. Und Münster - wo neben dem rund 50 Kilometer entfernten Osnabrück 1648 der Dreißigjährige Krieg in Europa beendet wurde - war dafür der geeignete Ort. Am 13. Mai ging das Christentreffen mit einem festlichen Abschlussgottesdienst zu Ende. Fünf Tage lang war der Katholikentag mit mehr als 70.000 Besuchern Forum für die großen Zeitthemen wie Klimawandel, Flüchtlinge, Globalisierung oder soziale Gerechtigkeit.
Kardinal Reinhard Marx rief im Abschlussgottesdienst dazu auf, trotz der "Zerissenheit" und Krisen in der Welt die Hoffnung nicht zu verlieren. Es brauche ein "Mehr an Hoffnung", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in seiner Predigt. Die Christen und die Kirchen sollten "Instrumente des Friedens" sein, denn Frieden sei nicht allein mit militärischen Mitteln zu erreichen. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), rief zum Dialog mit anderen Religionen auf. Richtig gelebte Religionen seien nicht Ursache von Krieg, sondern "Motor des Friedens".
Weltpolitik und Kreuz-Erlass
Weltpolitik nach Münster brachten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und auch der kolumbianische Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Eindringlich bezeichnete Merkel den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran als "schweren Einschnitt" für die internationale Zusammenarbeit. Steinmeier warb dafür, sich mit den anderen beteiligten Mächten für einen Fortbestand des Abkommens einzusetzen. Einen Krieg zu führen sei einfach, so Santos, Frieden zu machen viel schwieriger.
Thema Innenpolitik: Auch der Streit um den bayerischen Kreuz-Erlass setzte sich auf dem Katholikentag fort: Während Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die umstrittene Kreuz-Pflicht in bayerischen Behörden verteidigte, warf der ehemalige religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, dem CSU-Politiker vor, der Bevölkerung seine Bedeutung des Kreuzes aufzwingen zu wollen. Auf dem Katholikentag sprach sich auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gegen eine Kreuz-Pflicht in Behörden aus: "Ich finde es schwierig, so etwas einfach von oben zu verordnen."
Beim Auftritt des AfD-Politikers Volker Münz kam es zum Tumult. Vertreter aller Bundestagsparteien diskutierten bei einer emotional hochaufgeladenen Veranstaltung die Rolle der Religion in der Gesellschaft. Dabei wurde der Auftritt von Münz zu Beginn von massiven Protesten und Störungen aus dem Publikum begleitet. Die religionspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Christine Buchholz, warnte vor einer "Normalisierung der Positionen der AfD". Münz kritisierte einen zu starken Einfluss von Kirchenvertretern in der Politik.
Der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen las den Kirchen die Leviten. Der TV-Moderator plädierte für die zur Zeit unter den katholischen Bischöfen heftig umstrittene Öffnung der Eucharistie für evangelische Ehepartner: "Wenn Sie die Hälfte meiner Kirchensteuer für die katholische Kirche abzwacken, geben Sie mir mit Freude eine Oblate dafür oder geben Sie mir mein Geld zurück", so Hirschhausen in Münster. Der Fernsehmoderator ist evangelisch, seine Frau Katholikin.
50.000 Dauergäste
Beim Thema Ökumene herrscht zur Zeit eine gewisse Erschöpfung. Nach dem Reformationsjubiläum 2017 - das die großen Kirchen in zuvor nie gekannter Gemeinsamkeit feierten - riefen die Spitzenrepräsentanten beider großen Kirchen dazu auf, in der Ökumene nicht zu ermüden. Die Christen sollten "nicht überlegen, was nicht, sondern was geht", sagte Kardinal Marx, man wolle nicht nachlassen im ökumenischen Engagement. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, betonte, die 2017 erreichten Annäherungen zwischen den Kirchen seien "nicht mehr rückholbar".
Bei dem viele Menschen berührenden Zentralen Ökumenischen Gottesdienst am Freitag im Münsteraner Dom ermutigte die lutherische Erzbischöfin der Schwedischen Kirche, Antje Jackelén, zum geduldigen Dialog zwischen den Konfessionen: "Wir müssen uns immer wieder verpflichten, die sichtbare Einheit der Kirchen zu suchen", so die gebürtige Deutsche Jackelén in ihrer Predigt.
Kein Katholikentag der vergangenen Jahre war so gut besucht und so politisch wie der in Münster, bilanzieren Beobachter. Seit der Wiedervereinigung habe es nicht mehr so viele Besucher auf dem Katholikentag gegeben, bestätigte ZdK-Präsident Sternberg zum Abschluss. Zum Treffen der katholischen Laien kamen den Angaben zufolge bislang 50.000 Dauergäste und 25.000 Tagesteilnehmer. Im kommenden Jahr findet der Deutsche Evangelische Kirchentag in Dortmund statt, der 3. Ökumenische Kirchentag wird 2021 in Frankfurt am Main ausgerichtet.