Charles Darwin hielt den Regenwurm für eines der stärksten Tiere der Erde. Der englische Naturforscher hatte seine Karriere mit einer Rede über Regenwürmer begonnen und widmete ihnen 1881 sein letztes Buch: "Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer". Es war ein Lobpreis auf die 200 Millionen Jahre alten Tiere, die damals für Bodenschädlinge gehalten wurden: "Die Regenwürmer haben in der Geschichte der Erde eine bedeutungsvollere Rolle gespielt, als die meisten auf den ersten Blick annehmen dürften."

Die kalifornische Gartenautorin Amy Stewart kann dem Vater der Evolutionstheorie da nur zustimmen. In ihrem 2015 erschienenen Buch "Der Regenwurm ist immer der Gärtner" schreibt sie: "Regenwürmer modifizieren die Zusammensetzung der Erde, sie erhöhen ihre Fähigkeit, Wasser zu absorbieren und zu halten, und sie bewirken einen Zuwachs an Nährstoffen und Mikroorganismen." Sie weiß auch, dass ein halber Hektar Land eine Million Regenwürmer beherbergen kann, während Darwin nur 50.000 vermutet hatte.

Würmer als Bio-Indikatoren

Von den weltweit geschätzten 670 Arten - einige Schätzungen belaufen sich sogar auf mehr als 3.000 - leben 47 in Deutschland. 14 davon sind extrem selten, zwei gelten als bestandsgefährdet, wie die Bodenzoologin Ricarda Lehmitz am Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz erklärt. "Regenwürmer sind gute Bio-Indikatoren, weil sie sehr spezifische Ansprüche an den Boden stellen. Intensive Bodenbearbeitung sowie Chemikalien- und Pestizideinsatz können zum vollkommenen Verschwinden der Regenwürmer führen", warnt Lehmitz.

Bei der Gartenarbeit stößt man meist auf den neun bis 30 Zentimeter langen Gemeinen Regenwurm, auch Tauwurm genannt. Die Engländer und die Biologen nennen ihn Erdwurm (Lumbricus terrestris), weil er sich permanent durch die Erde wühlt. Dabei ernährt er sich von abgestorbenem organischen Material, das er von der Erdoberfläche in seine bis zu drei Meter tiefen Röhren zieht.

Beliebter Kompostwurm

Ein Wurm, den Biogärtner besonders schätzen, fühlt sich oberirdisch am wohlsten - nämlich im Komposthaufen. Dort zersetzt er gemeinsam mit Hundertfüßern, Käfern und Mikroorganismen organisches Material. Der Kompostwurm (Eisenia fetida) ernährt sich von abgestorbenen Blättern und Blüten, Blattstängeln, Kartoffelschalen und anderen Nahrungsmittelabfällen. Er wird nur sechs bis 13 Zentimeter lang.

Beide, der Kompostwurm und der Gemeine Regenwurm, produzieren mittels Verdauung einen Dünger, der nach Auskunft des Naturschutzbunds Deutschland "zu den besten der Welt gehört": Wurmhumus. Der Gartenfachhandel vertreibt ihn kommerziell. Balkongärtner können über das Internet auch Kompostwürmer bestellen, um zu Hause eine eigene "Wurmfarm" zu gründen und Küchenabfälle nachhaltig zu entsorgen.

Im Garten verraten gekringelte Minipyramiden den blinden, tauben und stummen Gehilfen unter der Erde. Dank der unermüdlichen Bohrarbeiten des Tauwurms wird lehmig-toniger Boden besser belüftet, und Pflanzen können ihre Wurzeln leichter in ihm verankern. Noch im 16. Jahrhundert hieß er "reger Wurm".

Tödlicher Regen

Richtiger Regen kann für ihn tödlich enden. Denn wenn ihn das Trommeln der Tropfen an die Oberfläche lockt, schnappt womöglich eine Amsel oder ein Fuchs nach ihm.

Lange hatte man vermutet, Regenwürmer flüchteten bei Regen nach oben, um in ihren Gängen nicht zu ertrinken. Mittlerweile ist allerdings bekannt, dass sie bis zu 35 Stunden im Wasser überleben können, indem sie ihren Organismus auf einen anaeroben Stoffwechsel durch Milchsäuregärung umschalten.

Eine umfassende Erklärung für das Verhalten des Regenwurms gibt es noch nicht. Einige kanadische und US-amerikanische Studien legen nahe, dass die Regenwürmer in Wirklichkeit vor dem Maulwurf fliehen, denn der prasselnde Regen klingt für sie wie das Grabgeräusch ihres schlimmsten Fressfeinds.

Ein altes Regenwurm-Märchen haben Biologen längst widerlegt: Wer einen Regenwurm beim Jäten versehentlich zerhackt, sollte nicht glauben, beide Teile könnten weiterleben. Nur der vordere Teil mit Mund und Hirnganglion ist regenerationsfähig. Sorgsam mit den Tieren umzugehen, zahlt sich für den Gärtner aus. Denn, so schreibt Claudia Beyerle im Fachblatt "Hessischer Kleingärtner": "Die Regenwurmmasse ist ein Indikator für die Leistung des Bodens."