Die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Marlehn Thieme, bescheinigt dem Gremium eine größere Staatsferne als in früheren Jahren. Mit dem neuen ZDF-Staatsvertrag aus dem Jahr 2016 seien "alle Gremienmitglieder sehr viel autonomer geworden", sagte die 60-Jährige dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Staatsvertrag, der auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurückgeht, schreibt seitdem vor, dass in den ZDF-Aufsichtsgremien nur noch ein Drittel der Plätze für staatliche Vertreter zur Verfügung steht.

Auch insgesamt sei der Fernsehrat durch Vertreter weiterer gesellschaftlicher Gruppen "deutlich jünger, weiblicher und bunter" geworden, sagte Thieme, die seit 2004 die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in dem Gremium vertritt. "Das trägt auch zu einer anderen Debatte bei." Der neue Staatsvertrag sieht unter anderen einen Vertreter aus dem Bereich Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle vor.

"Programm darf nicht leiden"

Dass der ehemalige SPD-Medienpolitiker Martin Stadelmaier seit 2017 als formal staatsfernes Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat sitzt, hält Thieme für unproblematisch. "Herr Stadelmeier ist sicherlich aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen vom Fernsehrat gewählt worden, und wenn man auf den gesamten Verwaltungsrat blickt, sieht man, wie divers die Zusammensetzung ist", sagte die Juristin. "Da muss man sich nicht an einzelnen Persönlichkeiten festhalten."

Thieme bekräftigte die Position des Fernsehrats, dass Programmeinschnitte im Zuge von Strukturreformen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht richtig seien. In einer Zeit, in der die Sender in einer digitalisierten Welt auffindbar sein müssten, dürften nicht finanziell Daumenschrauben angelegt werden. "Auf der anderen Seite bin ich für jede Effizienzsteigerung zu haben, wenn darunter das Programm und die Vielfalt des Angebots nicht leiden", betonte Thieme.