Der Zustand der Demokratie in Entwicklungs- und Schwellenländern ist laut einer aktuellen Studie so schlecht wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Weltweit würden inzwischen 3,3 Milliarden Menschen autokratisch regiert, heißt es in dem am 22. März in Gütersloh veröffentlichten Transformationsindex 2018 der Bertelsmann Stiftung. Das seien so viele wie noch nie seit 2004, als der Index erstmals ermittelt wurde.

In den 129 untersuchten Staaten hätten 40 Regierungen, darunter auch solche aus fortgeschrittenen Demokratien, in den vergangenen zwei Jahren den Rechtsstaat eingeschränkt, heißt es in der Studie. In 50 Ländern seien politische Freiheiten beschnitten worden. Insgesamt stufte der Transformationsindex 58 der Staaten als Autokratien (2016: 55) und 71 als Demokratien (2016: 74) ein.

Fortschritt in Sri Lanka

Eine wesentliche Ursache für die schlechten Ergebnisse sei eine mangelnde Fähigkeit und Einsicht vieler Regierungen, auf gesellschaftliche Konflikte dialogbereit und konsensorientiert zu reagieren, erklärte die Stiftung. Einmal gewählt, beschnitten viele Machthaber politische Freiheitsrechte, um ihre Herrschaft auszubauen.

Größere Fortschritte in Richtung Demokratie machten der Analyse zufolge nur Burkina Faso und Sri Lanka. Demgegenüber habe sich die politische Situation in 13 Staaten deutlich verschlechtert. Fünf davon - Bangladesch, der Libanon, Mosambik, Nicaragua und Uganda - erfüllten laut der Untersuchung "keine demokratischen Mindeststandards mehr" und werden nun als Autokratien gezählt. Die Demokratie in diesen Ländern sei über Jahre schleichend ausgehöhlt worden, vor allem durch Einschränkungen der Qualität von Wahlen.

Polen und Türkei große Verlierer

Besonders problematisch sei es, dass auch in immer mehr Demokratien Bürgerrechte beschnitten und rechtsstaatliche Standards ausgehöhlt würden, beklagen die Wissenschaftler. So gehören etwa Brasilien, Polen und die Türkei zu den größten Verlierern des Transformationsindex. Mehrere sogenannte "defekte Demokratien" wie Honduras, Niger, die Philippinen, die Türkei und Ungarn nähern sich laut Studie der Schwelle zur Autokratie.

Für die Bürger sei diese Entwicklung bedenklich, denn Demokratien böten eine bessere Regierungsleistung als Autokratien, erklärten die Wissenschaftler. Sie seien meist erfolgreicher bei der Korruptionsbekämpfung, der Herstellung von Chancengleichheit und der Schaffung einer funktionierenden Marktwirtschaft. Der Transformationsindex zeige, "dass Autokratien keineswegs stabiler und effizienter sind als Demokratien", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart de Geus.

Soziale Ungleichheit

Eines der größten Hindernisse für Demokratie und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sehen die Studienautoren in einer unzureichenden sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. In 72 Entwicklungs- und Schwellenländern herrschten demnach massive Armut und hohe soziale Ungleichheit. In 22 dieser Staaten, darunter Indien, Südafrika und Venezuela, sei das Entwicklungsniveau in den vergangenen zehn Jahren sogar gesunken. Nur noch ein Viertel der Länder erreiche eine mäßige bis gute soziale Inklusion. Im Jahr 2008 sei es noch ein Drittel gewesen.

Grundlage für den aktuellen Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung sind nach deren Angaben detaillierte Länderberichte aus den Jahren 2015 bis 2017 von weltweit 250 Experten aus führenden Universitäten und Denkfabriken. Der Index wird alle zwei Jahre erstellt.