2,2 Millionen Beschäftigte in Deutschland bekommen einer Studie zufolge weniger als den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, obwohl er ihnen zusteht. Durch Verstöße gegen das Mindestlohngesetz würden Arbeitnehmern und Sozialkassen Milliardenbeträge vorenthalten, erklärte Studienautor Toralf Pusch vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am 23. März in Düsseldorf. "Endlich die Kontrollen zu verbessern, ist also von höchstem öffentlichen Interesse."

Nach seinen Erhebungen summierten sich im Jahr 2016 Lohnausfälle und Mindereinnahmen der Sozialversicherung durch Verstöße gegen den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn auf rund 7,6 Milliarden Euro. Die betroffenen Arbeitnehmer erhielten demnach im Schnitt 251 Euro monatlich zu wenig. Den Sozialversicherungen entgingen dadurch rund 2,8 Milliarden Euro.

Mehr Frauen betroffen

Weibliche Beschäftigte sind nach der Studie von Umgehungen des Mindestlohns deutlicher öfter betroffen als Männer. Demnach wurde 2016 etwa 11,5 Prozent der weiblichen und 4,6 Prozent der männlichen Beschäftigten der Mindestlohn vorenthalten. Auch regional gibt es Unterschiede. Der Auswertung zufolge ist die Quote der betroffenen Arbeitnehmer in Ostdeutschland mit 12,6 Prozent deutlich höher als im Westen mit 7,3 Prozent.

Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat halten sich nach Angaben des Arbeitsmarktforschers weitaus konsequenter ans Mindestlohngesetz als Firmen, in denen beides fehlt. In Betrieben mit Tarif und Mitbestimmung gaben lediglich 1,8 Prozent der Beschäftigten an, weniger als den Mindestlohn erhalten zu haben, bei den anderen waren es dagegen 15,6 Prozent.

Der gesetzliche Mindestlohn liegt seit 1. Januar 2017 bei 8,84 Euro. Im Jahr 2016, dem Untersuchungszeitraum des WSI-Forscher, betrug er 8,50 Euro.