Frankfurt a.M. (epd). In der Debatte über Sterbehilfe haben sich der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, und der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, gegen den assistierten Suizid in kirchlichen Einrichtungen ausgesprochen. "Die Diakonie sollte nicht über Angebote 'professionellen Sterbens' sinnieren", schreiben Dabrock und Huber in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (25. Januar). "Es geht darum, dass der Suizid nicht eine Normalform des Sterbens wird", heißt es darin an anderer Stelle.
"Die Diakonie sollte ihr Profil statt durch ein geschäftsmäßiges Angebot im Bereich der Suizidassistenz durch Formen der Begleitung in der letzten Lebensphase stärken, die ihr Gewicht auf mögliche Alternativen legen", schreiben Dabrock und Huber. Zu den möglichen Alternativen gehöre insbesondere die palliative Versorgung, die nicht nur Mittel der Schmerzlinderung umfasse, sondern körperliche und psychologische, seelsorgliche und spirituelle Sterbebegleitung einschließe, schreiben die evangelischen Theologen weiter.
Huber und Dabrock verweisen darauf, dass Selbstbestimmung mit der sozialen Bezogenheit auf andere verbunden ist. Selbstbestimmung habe in der Fürsorge für das Leben anderer eine Grenze, schreiben sie. Weiter betonen die Theologen, die Entscheidung zum Suizid sei zu respektieren. Der Respekt vor der Menschenwürde und die Achtung für das Leben würden aber zugleich die Aufgabe einschließen, Menschen soweit möglich vor der Selbsttötung zu bewahren.
Die Experten für evangelische Ethik beziehen sich in ihrem Beitrag auf einen Vorstoß mehrerer evangelischer Autoren, darunter auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, die sich ebenfalls in einem Gastbeitrag in der FAZ für die Möglichkeit der Suizidassistenz auch in diakonischen und kirchlichen Einrichtungen ausgesprochen haben.
Darin heißt es: "Anstatt durch eine Verweigerung Suizidwillige dazu zu zwingen, sich auf die Suche nach - möglicherweise durchaus eigennützig und nicht im Interesse des Lebensschutzes handelnden - Organisationen zu machen, dürfte es sehr viel eher Ausdruck verantwortlichen Handelns sein, entsprechende Möglichkeiten durch besonders qualifizierte interdisziplinäre Teams in den Einrichtungen zuzulassen und dabei das familiäre Umfeld einzubeziehen."
Ausgelöst wurde die Debatte durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020, das das Verbot organisierter - sogenannter geschäftsmäßiger - Hilfe bei der Selbsttötung kippte, das 2015 vom Bundestag beschlossen worden war. Offiziell lehnen die evangelische und katholische Kirche die Suizidassistenz ab - unabhängig davon, in welcher Einrichtung sie stattfindet.
Dabrock und Huber fordern, dass sich die Diakonie im Verbund mit der Caritas und den Kirchen dafür einsetzt, "dass in einer künftigen Gesetzgebung zu diesem Thema, die durch das Karlsruher Urteil nötig geworden ist, Schutzklauseln gegen eine Pflicht freier Träger zur regelmäßigen Gewährleistung von Suizidassistenz vorgesehen werden". Kein freier Träger werde durch das Urteil dazu genötigt, mit organisierter Regelmäßigkeit im Feld der Suizidassistenz tätig zu werden.