sozial-Politik

Wohnungsbau

Bezahlbarer Wohnraum in Deutschland




Auch evangelische Immobilienunternehmen bieten günstige Wohnungen an.
epd-bild/Peter Roggenthin
In Deutschland werden nach Angaben des Eduard-Pestel-Instituts pro Jahr 400.000 neue Wohnungen benötigt, um dem Bedarf gerecht zu werden. Doch wo sollen die herkommen? Ein Überblick über die deutsche Baupolitik der zurückliegenden Jahre.

Laut dem Eduard-Pestel-Institut müssten bis zu 120.000 der 400.000 Wohnungen Sozialwohnungen sein, damit allen Menschen finanzierbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Nur jeder fünfte finanzschwache Haushalt hat dem Institut zufolge derzeit überhaupt die Chance, eine Sozialwohnung mieten zu können. Der bundesweite Bedarf liege bei rund 5,6 Millionen Sozialwohnungen.

Nach Angaben der Deutschen Bauindustrie ist die Zahl der neu gebauten Wohnungen seit einem Tief im Jahr 2009 wieder deutlich gestiegen. Bis 2016 habe man ein Plus von 75 Prozent auf 280.000 neue Wohneinheiten pro Jahr gemessen. Für 2017 wurde mit 320.000 zunächst eine weitere Erhöhung erwartet. Vor allem der Mietwohnungsneubau in Ballungsgebieten und deren Umland liege immer noch deutlich unter dem Bedarf, hieß es. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg der Bestand bis Ende 2017 allerdings nur um 265.000 Wohnungen.

Versäumnisse der Vergangenheit rächen sich

Neben diesem Mangel stellen vor allem die enorm gestiegenen Miet- oder Kaufpreise ein Problem für viele Menschen dar. Gründe für die aktuelle Knappheit bezahlbaren Wohnraums liegen in den 90er und 2000er Jahren. Viele Städte gingen davon aus, dass die Bevölkerungszahlen stagnieren oder sogar sinken würden. Getrieben durch knappe Haushaltsmittel verkauften viele Kommunen, Bund und Länder Besitztümer - darunter oft auch in großem Umfang Wohnungen. Folge: Durch den Verkauf an private Investoren und eine steigende Nachfrage wurde Wohnraum immer teurer.

Die Zahl der Sozialwohnungen, die meist durch Länder und Kommunen aufrechterhalten werden, nimmt immer weiter ab. Seit 1990 ist der Bestand um rund 60 Prozent gesunken. Nach Angaben des Pestel-Instituts gibt es aktuell bundesweit etwa 1,6 Millionen Sozialwohnungen. Die Wohnungslosenhilfe geht von 1,2 Millionen Sozialwohnungen aus. Schätzungen zufolge wird die Zahl weiter sinken.

Viele Wohnungen fallen aus der Sozialbindung

Grund dafür ist die zeitlich begrenzte Belegungs- oder Mietpreisbindung. Ursprünglich als Sozialwohnungen gebaute Immobilien können damit, je nach Förderbedingungen des Landes, nach 15 bis 35 Jahren wieder zu marktüblichen Preisen vermietet werden. Etwa 50.000 Wohnungen fallen deshalb nach Angaben des Deutschen Mieterbundes jedes Jahr aus der Mietpreisbindung heraus. Nur rund 15.000 würden dagegen pro Jahr neu gebaut.

Die Anreize, mehr sozialen Wohnraum zu schaffen, sind für Investoren wegen niedrigerer Renditen gering. Denn in Ballungsräumen bringt ihnen das deutlich weniger ein als der Bau von teuren Häusern, die für viel Geld vermietet oder verkauft werden können. Auch Preiserhöhungen sind bei Sozialmieten kaum möglich.

Hinzu kommen fehlendes Bauland, lange Genehmigungsverfahren und hohe Baustandards als Hürden. Problem: Grundstücke, auf den Häuser entstehen könnten, sind nicht nur rar, sondern inzwischen oft unbezahlbar. Wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen mitteilte, sind die Baulandpreise in Deutschland sind in den zehn Jahren bis 2017 um 54 Prozent gestiegen.

Bund will Gelder zurückfahren

Der Bund finanziert sozialen Wohnraum aktuell mit rund 1,5 Milliarden Euro. 2020 und 2021 soll der Betrag allerdings um ein Drittel auf eine Milliarde zurückgefahren werden. Der Städtetag kritisiert diesen Schritt als nicht nachhaltig. Durch die Reduzierung fehle den Städten und Kommunen die Planungssicherheit, hieß es.

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen fordert die schnelle Umsetzung eines Planungs- und Beschleunigungsgesetzes. Das Vorhaben ist im Koalitionsvertrag festgeschriebenen. Wichtig für eine schnelle und gute Organisation von Bauvorhaben seien beispielsweise bundesweit gültige und einheitliche bauliche Zulassungen von mehrgeschossigen Mehrfamilienhaustypen und mehr Möglichkeiten für experimentellen Wohnungsbau, wie etwa modulares Bauen, betont der Verband.

Nora Frerichmann


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