Die Orgel gilt als "Königin der Instrumente". Um mehr Menschen für das Instrument zu begeistern, hat die badische evangelische Landeskirche gemeinsam mit Waldkircher Orgelbauern eine ungewöhnliche Orgel als Do-it-yourself-Bausatz entwickelt. Die beiden ersten "Al:legrO - Orgeln" seien bereits im Einsatz, sagte der Orgelexperte und Musikwissenschaftler Martin Kares dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er leitet das Orgel- und Glockenprüfungsamt der Evangelischen Landeskirche in Baden.

Um das beeindruckende Instrument auch denjenigen "klanghaft" zu machen, die nicht in die Kirche gehen, entwickelten die Orgelbauer eine "kleine Königin". Das "Instrument des Jahres 2021" wird dabei als hölzerner Bausatz in einer Kiste geliefert. Die rund 100 Teile wie etwa Pfeifen, Tasten, Magazinbalg, Schöpfbalg, Windlade und Windrohr können in 60 Minuten auf einem Tisch zusammengesteckt und dann gespielt werden.

Keineswegs nur Spielerei

Das sei keineswegs nur eine Spielerei, erklärt Kares. Vielmehr handle es sich aber um "eine echte Pfeifenorgel im Miniaturformat". Vom Klang sei das etwa 60 mal 80 mal 90 Zentimeter große Instrument mit einem kleinem Orgelpositiv vergleichbar. Anders als bei großen Instrumenten würden jedoch die großen Basspfeifen fehlen. Die Bezeichnung "Allegro" steht dabei nicht nur für die musikalische Tempoangabe für "fröhlich, heiter, lebhaft", sondern enthält auch das Wort Orgel - von hinten gelesen.

Orgelbaumeister Wolfgang Brommer aus dem Schwarzwaldort Waldkirch war von dem Auftrag begeistert. Normalerweise baut er Orgeln in Kirchen ein, die schon mal so groß wie ein zweistöckiges Haus sein können. Dieses kleine Klanginstrument könne aber zu den Menschen kommen. Mit 24 Tasten und 2 Pfeifenreihen sei dies keineswegs eine Art Ikea-Bausatz, sondern eine hochwertige Orgel für Jung und Alt, erklärt der Experte.

Eine ausführliche Bauanleitung erläutert den einfachen Aufbau. Da müsse kein Experte dabei sein, versichert Kares. Der zerlegbare Orgelbausatz sei speziell für Schüler und junge Menschen konzipiert worden und kann etwa von Religions- und Musiklehrern für den Unterricht ausgeliehen werden.

Idee aus den Niederlanden

Die Idee einer Orgel zum Zusammenstecken stammt ursprünglich aus den Niederlanden. Dort wollte die Grundschullehrerin und Amateurorganistin Lydia Vroegindeweij ihr Wissen über das Instrument mit Kindern teilen. Mittlerweile besteht ihr Projekt "Orgelkids" seit Juli 2009. Es hat sich nach eigenen Angaben zu einem weltweiten Angebot mit mehr als 75 Orgeln und einem Netzwerk von Projektleitern in mehr als 15 Ländern entwickelt.

Dieses Konzept hat die badische Landeskirche gemeinsam mit den Schwarzwälder Orgelbaumeistern weiterentwickelt. Auch didaktisches Material gibt es zu dem Instrument. Beides soll mehr Kinder und Jugendliche für die Orgel interessieren und so auch der Nachwuchsgewinnung dienen.

Das Instrument kann bei der Landeskirche und der Waldkircher Orgelstiftung gemietet oder bei der Orgelbaumeisterwerkstatt Jäger & Brommer für 5.500 Euro gekauft werden. Bisher stehen zwei Exemplare in der Landeskirche zum Mieten bereit, in der Heidelberger Akademie für Kirchenmusik und dem Religionspädagogischen Institut in Karlsruhe.