Die Zahl der weltweit dokumentierten Hinrichtungen ist laut Amnesty International im vergangenen Jahr erneut gesunken. Damit habe sich der jährliche Rückgang seit 2015 fortgesetzt, erklärt die Menschenrechtsorganisation in ihrem am 21. April veröffentlichten Todesstrafen-Bericht. Registriert wurden demnach mindestens 483 Hinrichtungen in 18 Ländern, im Jahr zuvor waren es 657 Exekutionen in 20 Ländern.

Nicht in die Zahlen eingeflossen sei aber erneut die Entwicklung in China, betont Amnesty International. Dort sei auch für 2020 von Tausenden Hinrichtungen auszugehen - mehr als im Rest der Welt zusammen. China behandele die Daten allerdings als Staatsgeheimnis, so dass sie auch diesmal wie in den Vorjahren nicht in dem Bericht berücksichtigt worden seien. Auch in Nordkorea, Vietnam und Syrien gebe es nur sehr eingeschränkten Zugang zu Informationen.

Bei den dokumentierten Fällen waren die Länder mit den meisten Hinrichtungen der Iran (mindestens 246), Ägypten (mindestens 107), der Irak (mindestens 45), Saudi-Arabien (27) und die USA (17). Der deutliche Rückgang der Gesamtzahl um 26 Prozent liege vor allem an weniger Hinrichtungen im Irak und in Saudi-Arabien, in denen 2019 mindestens 100 beziehungsweise 184 Vollstreckungen der Todesstrafe gemeldet worden waren. Gleichzeitig habe es 2020 eine "alarmierende Zunahme" in einigen Ländern gegeben. So hätten sich die Zahlen in Ägypten mehr als verdreifacht (2019: mindestens 32).

Aufschub wegen Corona-Pandemie

In einigen Ländern habe die Corona-Pandemie für den Aufschub von Hinrichtungen gesorgt, heißt es in dem Bericht. So seien etwa in den USA mehrere Vollstreckungen der Todesstrafe mit Verweis auf die Pandemie aufgeschoben worden - zugleich habe die Regierung unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aber im Juli begonnen, nach 17 Jahren Pause wieder Exekutionen auf Bundesebene zu vollziehen. Auch in Singapur seien Exekutionen zunächst gestoppt worden.

Verzögerungen bei den Strafverfahren und Einschränkungen wegen Corona trugen laut Amnesty International indes zum deutlichen Rückgang bei den neu verhängten Todesstrafen bei. Für 2020 verzeichneten die Menschenrechtler mindestens 1.477 neue Todesurteile aus rund 50 Ländern, 36 Prozent weniger als 2019. Damals waren es 2.307 gewesen.

Corona habe die Grausamkeit der Todesstrafe noch einmal unterstrichen, erklärt die Menschenrechtsorganisation in dem Bericht: Viele Gefangene in Todeszellen hätten über lange Zeit keine sozialen Kontakte und nur eingeschränkten Zugang zu ihren Rechtsvertretern gehabt.

Dennoch habe 2020 gezeigt, dass die Welt insgesamt einen Schritt weiter gekommen sei weg von der Todesstrafe. Im Mai habe der Tschad die Todesstrafe abgeschafft, im Herbst habe Kasachstan sich dazu entschieden. Saudi-Arabien habe angekündigt, außer in Terrorismusfällen keine Todesstrafen mehr für Personen zu verhängen, die zur Tatzeit unter 18 waren. In den Ländern Bahrain, Belarus, Japan, Pakistan, Singapur und dem Sudan, aus denen 2019 Hinrichtungen gemeldet worden waren, seien 2020 keine Vollstreckungen der Todesstrafe registriert worden. Weltweit haben nach Angaben von Amnesty International 144 Länder die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.