Durch die Corona-Pandemie werden nach Schätzung der Weltbank in diesem Jahr bis zu 115 Millionen Menschen weltweit neu in extreme Armut stürzen. Bis 2017 sank die Zahl der Menschen, die mit 1,90 US-Dollar oder weniger auskommen müssen, auf 689 Millionen Männer, Frauen und Kinder, wie aus dem Weltarmutsbericht der Weltbank hervorgeht, der am 7. Oktober in Washington veröffentlicht wurde. Bis 2021 könnte die Zahl der extrem Armen sogar um 150 Millionen Menschen zunehmen. Es ist laut dem Bericht der schwerste Rückschlag bei der Armutsbekämpfung nach 25 Jahren fast stetiger Fortschritte.

"Die Pandemie und die weltweite Rezession könnten mehr als 1,4 Prozent der Weltbevölkerung in extreme Armut fallen", sagte Weltbankpräsident David Malpass. Die Ärmsten der Welt müssten die Hauptlast dieser historischen globalen Rezession tragen. Den Berechungen zufolge wäre die Armutsrate 2020 auf 7,9 Prozent der Bevölkerung gefallen. Wegen der Corona-Krise steigt sie jedoch wieder auf etwa 9,2 Prozent, das Niveau von 2017. Zwischen 2015 und 2017 schafften es den Berechnungen zufolge 55 Millionen Menschen, sich aus der Armut zu befreien. Der Weltbankbericht wird alle zwei Jahre veröffentlicht.

Hälfte der extrem armen Menschen lebt in fünf Ländern

Die stärkste Zunahme der extremen Armut erwartet die Weltbank in Südasien und Afrika südlich der Sahara. Um den schweren Rückschlag bei Entwicklungsfortschritten zu stoppen, fordert Malpass die Länder auf, sich auf die Zeit nach Corona vorzubereiten, indem sie Kapital, Arbeitskräfte, Bildung und Innovationen auf neue Unternehmen und Sektoren lenken. "Mir machen diejenigen Länder Mut, die bereits entschlossen handeln, schnell lernen und ihre Erfahrungen und Ergebnisse zum Nutzen anderer weitergeben", sagte er und rief zur Kooperation auf. Nach dem Weltarmutsbericht lebt fast die Hälfte aller extrem armen Menschen in den fünf Ländern Nigeria, Kongo, Tansania, Äthiopien und Madagaskar, in denen das Bevölkerungswachstum hoch ist.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, die Armutsrate habe seit 1990 von 36 Prozent der Weltbevölkerung auf 9 Prozent gesenkt werden können. "Corona führt jetzt erstmals seit Jahren wieder zum Anstieg von Armut und Hunger in der Welt", betonte er. "Jetzt erst recht müssen wir am Ziel einer Welt ohne Hunger und Armut festhalten." Vor allem Europa müsse mehr tun, um Entwicklungsländer mitten in der Krise zu stabilisieren. Die Staatengemeinschaft hat sich 2015 mit den Nachhaltigkeitszielen verpflichtet, Hunger und Armut bis 2030 zu überwinden.

Deutschland fördert laut Müller mit drei Milliarden Euro über ein weltweites Corona-Sofortprogramm Ernährung, Gesundheitssysteme, Hilfe in Flucht- und Krisenregionen sowie die Sicherung von Jobs und Unternehmen. Mit dem Geld erhalten etwa arbeitslose Textilarbeiterinnen in Bangladesch sowie Bedürftige in Indien, Jordanien, Tunesien und Malawi Überbrückungshilfen.