Die medizinische Versorgung in Kinderkliniken und -stationen ist laut den deutschen Kinder- und Jugendärzten "akut gefährdet". Die aktuelle finanzielle Ausstattung reiche bei weitem nicht aus, um die über eine Million Kindern pro Jahr stationär angemessen versorgen zu können, mahnte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) zum Start des 48. Herbst-Kongresses am 8. Oktober in Köln.

Nach Angaben von Vizepräsident Wolfgang Kölfen ist in den vergangenen 25 Jahren rund ein Viertel der Kinderkliniken und Kinderabteilungen an Krankenhäusern geschlossen worden. In dem Zeitraum hätten 40 Prozent aller Betten abgebaut werden mussten. Dabei seien die fachlichen, personellen und auch finanzielle Anforderungen an Kinderkliniken stetig gewachsen, sagte der Arzt von der Klinik für Kinder und Jugendliche am Elisabeth-Krankenhaus Rheydt in Mönchengladbach. Denn heute könne Kindern geholfen werden, für die es vor zehn Jahren noch keine Behandlungsmöglichkeit gab, etwa bei schweren Krebserkrankungen, Stoffwechselkrankheiten oder Epilepsien.

Verband fordert Änderungen bei Fallpauschalen

Die Versorgung kranker Kinder sei besonders zeit-, personal- und materialaufwändig, erläuterte der Mediziner. Das System der Fallpauschalen, mit dem die Leistungen in den Kinderkliniken einheitlich vergütet werden, sehe den Zusatzaufwand aber nicht vor. So würden immer mehr Kinderkliniken in finanzielle Schieflage geraten. Falls nicht schnell gegengesteuert wird, seien weitere Schließung von Kinderabteilungen oder gar ganzer Kinderkliniken zu erwarten. Kölfen forderte "klare Leitplanken von der Politik" um die Vergütung der Kliniken dem erhöhten Aufwand anzupassen. Denkbar sei, die Pädiatrie im Fallpauschalensystem besser zu stellen oder durch einen Mix zeitgemäßer Grundpauschalen auskömmlicher zu finanzieren.

Martin Terhardt, Kinder- und Jugendarzt und Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), unterstrich die Bedeutung vom Impfungen. Bei zu niedrigen Impfquoten könne es immer wieder zu regionalen Ausbrüchen bei ungenügend geschützten Menschen kommen, wie in den vergangenen Jahren bei Masern. Terhardt empfahl Ärztinnen und Ärzten, die Beratungsgespräche mit Impfgegnern und -skeptikern sehr sensibel zu führen. Argumentativ könnten etwa Mythen wie die Korrelation von Impfen und Autismus entkräftet werden. Auch die Theorie, dass das Durchmachen von Krankheiten besser sei als das Impfen dagegen, könnten medizinisch gut widerlegt werden.

Insgesamt stünden etwa 80 Prozent der Eltern in Deutschland Impfungen ihrer Kinder befürwortend oder eher befürwortend gegenüber. Den Anteil der Impfskeptiker unter Eltern bezifferte er auf etwa 14 Prozent, die Quote der "notorischen Impfgegner" auf zwei bis fünf Prozent.