Atomkraftgegner sehen sich durch ein am 5. Oktober bekannt gewordenes Rechtsgutachten in ihrer Kritik an den Atommüllexporten aus dem westfälischen Gronau nach Russland bestärkt. Die Bundesregierung habe laut dem für die Grünen-Bundestagsfraktion erstellten Gutachten bei der Bewilligung der Uranexporte EU-Recht "massiv unterlaufen", kritisierte Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg Münster. Der Erlanger Staatsrechtler Bernhard Wegener kommt in seiner Bewertung, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, zu dem Schluss, dass die Exporte gegen Russland-Sanktionen der EU verstoßen, weil eine militärische Verwendung des Urans nicht ausgeschlossen werden könne.

Nach den sogenannten "Dual-Use"-Sanktionsrichtlinien der EU, die seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 in Kraft sind, ist der Export von potenziell militärisch nutzbaren Materialien nach Russland verboten. Gerade Uran falle "in besonderer Weise" in diese Kategorie, weil es zum Beispiel für uranhaltige Munition genutzt werden könne, erklärten der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und die Münsterländer Anti-Atom-Initiativen.

Initiativen blockieren Zug mit Uran

Die Bundesregierung habe diese Möglichkeit bislang immer wieder ausgeblendet, hieß es. Aktivisten blockierten am 5. Oktober bei Münster einen für Russland bestimmten Transportzug mit abgereichertem Uran. Die Initiativen unterstrichen damit ihre Forderung nach einem sofortigen Stopp der Lieferungen.

In dem Gutachten heißt es, laut der EU-Sanktionsverordnung reiche schon die "bloße Möglichkeit einer militärischen Verwendung oder der Bestimmung für einen militärischen Endnutzer" für ein Verbot der Exporte von abgereichertem Uran aus. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) müsse sich als nationale Genehmigungsbehörde "aktiv ein Bild von den Risiken einer möglichen militärischen Verwendung machen", stellt der Rechtswissenschaftler Wegener fest.

Es erscheine ausgeschlossen, dass das Bafa zu der "für die Exportgenehmigung an sich erforderlichen informierten Überzeugung" gelangen konnte, dieses Risiko bestehe nicht, erklärte der Gutachter. Die dennoch erteilte Erlaubnis erscheine daher "mit Unionsrecht unvereinbar".

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl verlangte in einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), jegliche Transporte von abgereichertem Uran nach Russland einzustellen und die Genehmigungspraxis des ihm unterstellten Bundesamtes auf ihre Rechtskonformität zu überprüfen. Kotting-Uhl forderte zudem, die Urananreicherungsanlage zu schließen.