Lüdenscheid (epd). Der Fall des mutmaßlichen Missbrauchs in einer Jugendgruppe im Evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg ist nach dem Suizid des Beschuldigten nicht beendet. "Es gibt zwar nun keinen Verdächtigen mehr, aber es gibt weiterhin diesen Fall", sagte der Leiter des eingerichteten Krisenstabes, Pastor Alfred Hammer, am 30. August in Lüdenscheid. Nach seinen Worten wird das kirchliche Krisengremium mehrere Monate mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle beschäftigt sein.
Es gelte Hilfsangebote für die Betroffenen, aber auch für besorgte Eltern und andere Ratsuchende in der ehrenamtlichen Jugendarbeit der Kirchengemeinde in Lüdenscheid-Brügge zu organisieren und zu koordinieren, erklärte der frühere Superintendent. "Aufklärung und Zuwendung sollen in den nächsten Monaten im Fokus stehen", betonte Hammer.
Der Krisenstab wurde bereits am 23. Juli eingesetzt, nachdem sich die fünf betroffenen Männer an die Bielefelder Landeskirchenrätin Daniele Fricke gewandt hatten. Die Theologin ist landeskirchliche Beauftragte für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung.
Leiter des Krisenstabs schließt weitere Betroffene nicht aus
Die Vorfälle liegen demnach fast drei Jahrzehnten zurück. Der Angeschuldigte war nach Angaben des Kirchenkreises ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, der in einer Jugendgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Brügge und zuvor im CVJM Lüdenscheid-West tätig war. Bis zum 23. Juli, als er von allen ehrenamtlichen Tätigkeiten entbunden und ihm ein Hausverbot erteilt worden war, hatte er sich in der Gemeinde engagiert. Angehörige fanden ihn am D27. August tot in seinem Wohnhaus. Die Polizei des Märkischen Kreises geht von einem Suizid aus.
Dass es mehr Missbrauchsopfer in diesem Fall geben kann, hält Alfred Hammer zum jetzigen Zeitpunkt für möglich: "Daher werden wir uns als Krisenstab natürlich auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob oder welche Versäumnisse in der gemeindlichen Jugendarbeit, etwa sogar durch bewusstes Wegschauen, zu beklagen sind und wie man dies in Zukunft strukturell und sicher ausschließen kann." Das nächsten Treffen des Krisenstabes ist am Dienstag.
Zu einer außerordentlichen Versammlung trafen sich bereits am Sonntag rund 100 Gemeindemitglieder unter Ausschluss der Presse. Hammer sprach hinterher von einer "sachorientierten" Atmosphäre, die gleichzeitig jedoch auch von einer "gewissen Schockstarre" geprägt war. Die Arbeit der Jungenschaft im CVJM Lüdenscheid-Brügge, bei der der Beschuldigte ehrenamtlich tätig war, ruht demnach zurzeit.