Die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, plant eine Meldestelle, die antijüdische Vorfälle systematisch erfassen soll. Es gehe darum, das "Dunkelfeld" der antisemitischen Vorfälle zu erhellen und sowohl strafrechtlich relevante wie auch unterhalb der Strafrechtsgrenze liegende Ereignisse zu erfassen, sagte die ehemalige Bundesjustizministerin (FDP) am 17. Juni bei der Vorlage ihres ersten Antisemitismusberichts in einer Sitzung des Hauptausschusses im Düsseldorfer Landtag. Die Meldestelle könne zum Beispiel antisemitische Beschimpfungen und Pöbeleien in Schulen oder Sportvereinen erfassen. Ähnliche Einrichtungen gebe es bereits in Bayern und Baden-Württemberg.

Laut Leutheusser-Schnarrenberger soll für die Meldestelle eine Trägerstruktur genutzt werden, die auf "bestehende Netzwerke" - etwa in Kooperation mit den jüdischen Gemeinden und der Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit Beratung bei Rassismus und Antisemitismus (Sabra) in Düsseldorf - zurückgreife. Die geplante Meldestelle solle niederschwellig sein und als zivilgesellschaftliche Organisation einem Ministerium zugeordnet werden, sagte die Antisemitismusbeauftragte. Über das Ministerium solle dann auch die Finanzierung der Einrichtung erfolgen. Ein Datum, bis wann die Meldestelle eingerichtet werden kann, ist noch unklar, da derzeit noch die Abstimmung mit dem Landeskabinett erfolgt.

Beleidigungen und Verunglimpfungen im Internet

Im Jahr 2019 wurden laut Leutheusser-Schnarrenberger in NRW 315 antisemitische Straftaten erfasst - mehr als 90 Prozent der Taten seien dem Rechtsextremismus zuzuordnen. Bei der Zahl der Vorfälle gebe es gegenüber dem Vorjahr einen "leichten Rückgang", allerdings keinen allgemeinen Trend. Ein immer wichtigeres Thema seien dabei Beleidigungen, Schmähungen und Verunglimpfungen im Internet, besonders in den sozialen Medien, heißt es in dem 71 Seiten starken Bericht. Studien zeigten, dass der Antisemitismus in Deutschland nach wie vor einen fruchtbaren Boden habe.

Die Antisemitismusbeauftragte erklärte zudem, dass sie eine Studie in Auftrag gegeben habe, die sich mit Antisemitismus in Rap-Texten befasst. Die Untersuchung wird von Wissenschaftlern der Universität Bielefeld durchgeführt. Dabei soll unter anderem untersucht werden, welche Folgen antisemitische Rap-Texte auf die Einstellungen von Kindern und Jugendlichen haben.

Leutheusser-Schnarrenberger ist eine von bundesweit 13 Antisemitismusbeauftragten des Bundes und der Länder. Sie wurde 2018 berufen und nahm ihre Tätigkeit Anfang 2019 auf.