Berlin (epd). Aus Sicht von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier muss im Kampf gegen Rassismus das eigene Verhalten hinterfragt werden. Jeder entscheide sich jeden Tag, bewusst oder unbewusst, in seinem Handeln wie im Nichthandeln, auf welcher Seite er stehe, sagte Steinmeier am 16. Juni in Berlin. "Nein, es reicht nicht aus, 'kein Rassist' zu sein", sagte er: "Wir müssen Antirassisten sein!"
Rassismus finde sich in vielen Lebensbereichen. "Vom abschätzigen Blick und der verletzenden Bemerkung über Benachteiligungen im Bildungssystem, bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung bis hin zur tödlichen Bedrohung", sagte Steinmeier laut Redemanuskript. Deutschland sei "nicht immer und überall ein Hort der Toleranz": "Auch hier werden Menschen ausgegrenzt, angegriffen und bedroht, weil ein beliebiges Merkmal sie als Angehörige einer Minderheit ausweist: weil sie eine dunkle Hautfarbe haben, eine Kippa tragen, in der Moschee beten oder einfach anders aussehen als die Mehrheit", sagte der Bundespräsident im Schloss Bellevue zu Beginn einer Gesprächsrunde über Erfahrungen mit Rassismus.
"Rassismus will keinen Dialog"
Rassismus in jeder Form sei ein Feind der Demokratie. "Rassismus will keinen Dialog, keine Vielfalt, kein friedliches Miteinander. Er will Hass auf andere und Dominanz über andere", sagte Steinmeier.
Zu Rassismusvorwürfen gegen deutsche Sicherheitsbehörden sagte das Staatsoberhaupt, er sei überzeugt: "Die Polizei und Sicherheitskräfte in unserem Land sind vertrauenswürdige Vertreter des Staates. Ausnahmen von dieser Regel sind Ausnahmen geblieben."
Polizei und Sicherheitskräfte verdienten Respekt und Unterstützung. Auch deshalb sei es richtig, dass die Bundesregierung eine Studie zum sogenannten Racial Profiling in Auftrag gebe.
Seit dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners Georg Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA wird auch in Deutschland verstärkt über Rassismus im Alltag diskutiert. Zehntausende Menschen gingen auf die Straße, um zu protestieren.
Zu der Diskussion hatte Steinmeier neben anderen den ehemaligen Fußball-Nationalspieler Gerald Asamoah eingeladen. Er ist Pate des Netzwerks "Schule ohne Rassismus". Zu Gast im Amtssitz des Bundespräsidenten waren außerdem die Lehrerin Gloria Boateng, Gründerin des Bildungsfördervereins SchlauFox, die Schülerin Vanessa Tadala Chabvunga vom Jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn in Berlin und Daniel Gyamerah, der am Berliner Thinktank Citizens For Europe arbeitet. Ehrenamtlich tätig ist Gyamerah unter anderem im Vorstand von Each One Teach One, einem Bildungsprojekt, das sich für Rassismusprävention einsetzt.